In der erzwungenen Pause beim Untersuchungsausschuss (siehe
voriger Artikel) habe ich einen Abstecher in den Parlamentsklub der FPÖ
gemacht, um mir die Pressekonferenz dort anzuhören und aufzuzeichnen.
In der Aussendung stand lapidar:
Thema: Aktuelles
Angesichts der aktuellen innen- und außenpolitischen
Situation hat „Aktuelles“ allerdings einiges an Brisanz an sich.
Neugierig, wie ich nun einmal bin, stand ich mit meinem
Fotografen (der extra aus Innsbruck angereist ist – man will ja nur die Besten,
nicht wahr?) und einer netten Begleitung (in meinem Alter darf man dann auch
schon einmal eine hübsche Schriftführerin mitnehmen) zwischen den unglaublich zahlreich anwesenden JournalistenkollegInnen
und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
Normalerweise ignoriert die österreichische Journaille ja
den HC Strache wann immer es nur geht. Heute war dagegen volles Haus.
Die Klimaanlage war ausgeschalten worden, um die
empfindlichen Mikrofone nicht zu stören – was bei Anwesenheit von rund 40
KollegInnen und dem im Übermaß Hitze produzierenden Equipment naturgemäß dazu
führte, dass schon nach wenigen Minuten die Raumtemperatur bei geschätzten 30
und bei gefühlten 50 Grad lag.
Fast pünktlich kommt dann Strache in den Raum (gefolgt von
Kickel und Grünsteidl), grüßt mit einem knappen aber freundlichen „Hallo“ und
beginnt gleich mit der Einführung, dass er sich bei den Anwesenden für deren
Anwesenheit bedankt und – sehr menschlich und eigentlich witzig – jedem ein Eis
verspricht ... (im Übrigen: das hat es dann wirklich gegeben: ein Eis am Stiel,
wie vor 20 Jahren – ein Jolly!)
Und dann geht es auch schon im gewohnten Strache-Tempo –
aber einer veränderten und inhaltlich nicht mehr so polemischen Sprache - los:
Der ESM ist eine Super-Bad-Bank (Hm, gerade habe ich geschrieben:
nicht mehr so polemischen...), er bittet Heinz Fischer eindringlich, weder den
ESM, noch den Fiskalpakt zu unterzeichnen.
Seine Argumentation ist sehr sachlich geführt, abgesehen von
einigen wenigen Ausrutschern („ESM-Dreierbande“, „rot-schwarz-grüne Dreierbande“),
die wir auch von anderen kennen (Pilz ist hier noch um Klassen schärfer) finde
ich tatsächlich keine Fehlinformationen über das doch sehr komplexe und heikle
Thema. Interessanterweise hält er die PK auch weitgehendst frei, ohne in
schriftlichen Unterlagen nachzulesen.
Ganz klar, der Mann hat sich wirklich eingelesen und hat es
auch verstanden.
Offenbar hat Strache auch eine schriftliche Einladung an die
übrigen Oppositionsparteien geschickt, um gemeinsam über eine Verfassungsklage
im Wege des Parlaments zu sprechen. Kein übler Schachzug: wie werden die Grünen
damit umgehen?
Nachdem alle Argumente auf dem Tisch liegen, kam der übliche
Aufruf an die Kollegenschaft: Fragen?
Die kamen dann auch, allerdings nicht zum Thema ESM,
sondern: zum Thema Scheuch.
Interessanterweise hat der ESM niemand mehr interessiert:
mehr als 19000 Millionen Euro an Steuergeld verlieren in der Aufmerksamkeit
gegen einen unwichtigen Landesparteiobmann.
Wow – was für eine verkehrte Welt: auch in der am Abend
stattfindenden Zusammenfassung über die Pressekonferenz finden sich nur
Beiträge über das Thema Scheuch.
Du meine Güte: da wird ein extrem wichtiges Thema, dass
tatsächlich alle Österreicherinnen und Österreicher in wenigen Monaten schon
bis ins Mark und ins Börserl treffen wird, von einem völlig unbedeutenden
Landespolitiker von der Tagesordnung verdrängt? Hallo? Was soll denn das für
eine Berichterstattung sein? Liebe KollegInnen: unterste Schublade kann ich da
nur sagen!
Anstatt dass Ihr Eure Pflicht wahrnehmt und die noch immer
Großteils ahnungslosen BürgerInnen dieses Landes mit den wohl wichtigsten Informationen,
die diese Generation zu erfahren hat versorgt, verschwendet ihr wertvolle Sendezeit
für einen Kärntner Landespolitiker?
Erklärt mir doch bitte einmal ganz genau, wo Ihr Euren Beruf
erlernt habt? Werdet Euch endlich Eurer immensen Verantwortung bewusst und erledigt
Euren Job gewissenhaft! Wenn interessiert es, ob der Herr Scheuch sieben,
zwölf, achtzehn oder hundert Monate Haft in erster Instanz (noch dazu nicht
rechtskräftig!) bekommen hat, währenddessen zur gleichen Zeit unser – MEIN –
Steuergeld ins Nirwana verschwindet?
Lest Ihr denn nicht die Nachrichten und Beiträge Eurer
Kollegen aus dem Ausland? Merkt Ihr denn nicht, dass Eure Berichterstattung
unter jeder Sau ist? Oder ist das gewollt so?
Eine Frage: was macht Ihr denn, wenn es den HC Strache, den
Uwe Scheuch und den Martin Graf nicht mehr gibt auf der politischen Bühne?
Wovon ernährt Ihr Euch denn dann? Von der Wahrheit, oder ehrlicher Recherche sicher
nicht, denn das habt Ihr heute bewiesen:
KEINE EINZIGE FRAGE KAM VON EUCH ZUM ESM, ODER ZUM FISKALPAKT!
Liebe Leserinnen und liebe Leser, verzeihen Sie mir diesen
emotionalen Ausbruch, aber ich finde es ganz einfach unverantwortlich, dass die
Einzigen, die Ihnen als BürgerInnen dieses Landes Aufklärung über wirklich
relevante Geschehnisse bringen können, Sie mit absoluten Nebensächlichkeiten
von den wichtigen Themen ablenken.
Auf der Suche nach den Motiven, warum und weshalb und vor allem
wer es zu verantworten hat, dass der ESM totgeschwiegen wurde und wer etwas
davon hat, bin ich wieder ein Stück weitergekommen. Wieder finde ich Eitelkeit
dort, wo sie keinen Platz haben dürfte, oder zumindest nur in einer
untergeordneten Rolle vorhanden sein dürfte: Auch in der Journaille gibt es sie
zuhauf und ansteckend, wie die Pest.
Der persönliche Ruhm, die Jagd nach der persönlichen
Sensation wiegt mehr, als die echte und schwierig zu transportierende Information
zu Sachthemen.
Oberflächlichkeit wird zum Credo erhoben und das Verantwortungsbewusstsein
weicht mehr und mehr dem vorauseilenden Gehorsam.
Aber, ich bleibe dran und gebe nicht auf - Ihr beschämter
Felix
Erweckt den Eindruck als wolle man die Blauen verSCHEUCHen, damit vom ESM und vom Fiskalpakt abgelenkt wird!
AntwortenLöschenUWEh, ob das gut ist?