Samstag, 23. Juni 2012

Gibt es in Österreich eigentlich noch die Demokratie, oder nur mehr die Plutokratie?


Demokratie:
Es ist das Ideal einer durch die Zustimmung der Mehrheit der Bürger und deren Beteiligung legitimierten Regierungsform. In Österreich ist durch den Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes die Demokratie als tragendes Verfassungsprinzip deklariert: "Artikel 1. Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus."

Plutokratie:
Das ist eine Herrschaftsform, in der Herrschaft durch Vermögen legitimiert wird, also die Herrschaft des Geldes: politische Rechte werden anhand des Vermögens oder durch das Vermögen vergeben. In einem plutokratischen System gibt es einen hohen Grad an sozialer Ungleichheit bei geringer sozialer Mobilität. In einer Plutokratie sind Ämter in der Regel nur den Besitzenden zugänglich und in der politische Macht hauptsächlich zum Nutzen der Machtinhaber ausgeübt wird: die finanzielle Macht Einzelner oder Unternehmen umgeht die verfassungsmäßige Ordnung eines Staates, steuert eigennützig den Staat und manipuliert demokratische Wahlen nach Möglichkeit. Bevorzugtes Werkzeug zur Um- und Durchsetzung der Plutokratie: die Medien.

Wir erinnern uns: am 13.06.2012 - hat van der Bellen im Parlament anlässlich der Diskussion zum ESM und zum Euro folgendes gesagt (gekürzt aus der Parlamentskorrespondenz vom 13.06.2012):

"Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) meinte, er bezweifle, dass Griechenland die erhaltenen Gelder jemals zurückzahlen werde."

Was jedem - und auch den Politikern - klar war, schreibt nun auch die Krone (die sich ja sonst sehr regierungsfreundlich zeigt):


"Die neue griechische Regierung will zwei Jahre mehr Zeit für die Umsetzung des mit den internationalen Geldgebern vereinbarten Sparprogramms. Zudem sollen weniger Beamte entlassen werden als ausgemacht, wie aus einem am Samstag in Athen veröffentlichten Strategiepapier hervorgeht. Das dürfte der "Troika", die am Montag zu neuen Verhandlungen nach Athen reist, überhaupt nicht schmecken.


Die "Reformen zur Haushaltsanpassung" sollten um mindestens zwei Jahre bis 2016 gestreckt werden, heißt es in dem Papier. Ziel sei es, ohne neue Kürzungen bei Löhnen, Pensionen und öffentlichen Investitionen das Haushaltsdefizit abzubauen. Die Regierung wolle zudem die Entlassung von fest angestellten Staatsdienern vermeiden und stattdessen durch den Abbau von Bürokratie sparen. Das Arbeitslosengeld solle wieder erhöht werden. Auch die Kürzung des Mindestlohnes sowie die Anfang des Jahres beschlossenen erleichterten Kündigungsmöglichkeiten durch private Arbeitgeber sollen nach dem Willen der neuen Regierung auf den Prüfstand kommen.


Die sogenannte Troika aus Europäischer Union, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank soll am Montag nach Athen zurückkehren, um mit der neuen Regierung die nächsten Schritte bei der Umsetzung des Sparprogramms zu besprechen. Eurogruppen- Chef Jean- Claude Juncker hatte zwar bereits eine "Aktualisierung" der Vereinbarungen mit Griechenland über die Spar- und Reformmaßnahmen angedeutet, und auch Kanzler Werner Faymann schloss eine Streckung des Zeitplans im "Krone"- Interview (siehe Infobox) nicht kategorisch aus. Doch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt eine Lockerung der Auflagen ab.


Nachverhandlungen erklärtes Ziel der Regierung
Das neue griechische Kabinett unter dem konservativen Ministerpräsidenten Antonis Samaras ist aus Vertretern von dessen "Nea Dimokratia" und aus parteiunabhängigen Technokraten zusammengesetzt. Die beiden linken Juniorpartner - die Panhellenische Sozialistische Bewegung PASOK von Evangelos Venizelos und die Demokratische Linke von Fotis Kouvelis - stellen keine eigenen Minister, sondern ihnen nahestehende Experten. Der neue Finanzminister, der 65- jährige Bankmanager Vassilis Rapanos, gilt als PASOK- nahe. Die Regierung, die sich im Parlament auf 179 der 300 Abgeordneten stützen kann, erklärte, ihr Ziel sei eine Nachverhandlung des Abkommens mit den Gläubigern, ohne Griechenlands Platz im Euro zu gefährden."

So und nun sind unsere ESM-"Befürworter" dran, die uns glauben machen wollen, der ESM könne und werde uns genau vor solchen Schritten - nämlich, dass wir unser Geld nicht mehr zurückbekommen - bewahren.

Ach bitte, ich möchte jetzt die Verantwortlichen deswegen klagen, weil mein Steuergeld nicht mehr zurückgezahlt wird und für Investitionen im eigenen Land fehlt!
Ach! Das geht nicht? Wieso nicht? Etwa, weil es unsere Regierung war, die zugestimmt hat?
Na und? Da gibt es doch ganz bestimmt einzelne Personen, die unterschrieben haben!
Ach, die haben ja keine Haftung ....

Interessanterweise hat der Abgeordnete Bucher vom bisher sehr unscheinbaren BZÖ eine durchaus erwähnenswerte Zusammenfassung geliefert, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:



Was passiert wenn der ESM seine gewährten Kredite nicht zurückerhält aber seine aufgenommenen Kredite zurückzahlen muss, wird im Artikel 21 geregelt. Bei Verlusten wird auf den Reservefonds zugegriffen, das Grundkapital angezapft beziehungsweise von den Mitgliedsländern das nicht eingezahlte Grundkapital eingefordert. Am Beispiel Österreichs sind das EUR 17,3 Milliarden Euro Wenn die Verluste das Grundkapital übersteigen, besteht Nachschussverpflichtung. 
Der ESM ist für die Ewigkeit konzipiert. Es gibt schlicht keine Auflösungsbestimmungen oder Austrittsmöglichkeit. Mit dem Regelwerk des ESM bekommt das Direktorium die Kompetenz in die Hand, ganze Regierungen durch Experten auszuwechseln, wie die Beispiele Griechenland oder Italien zeigen. Ehemalige Bankmanager werden so zu Staatenlenker. Die Kombination ESM und Fiskalpakt ist die gänzliche Abschaffung der Souveränität unseres Landes. Der Fiskalpakt ermächtigt die EU-Kommission in unsere staatliche Haushaltspolitik einzugreifen. Somit fällt der EU-Kommission die Entscheidungshoheit über unsere Sozial-, Wirtschafts- und Steuerpolitik zu. Nichtsdestotrotz führt diese Bundesregierung Österreich in die völlige Abhängigkeit von Brüssel und verpflichtet die Österreicher und Österreicherinnen für viele Generationen zu finanziellen Leistungen an Pleitestaaten und marode Banken. 


Wie viel kostet uns der ESM? 
Österreich verpflichtet sich vorerst im Zuge des ESM zu Bareinzahlungen von 2,23 Milliarden Euro. Da der Vertrag uns jedoch auch zur Bereitstellung von jederzeit abrufbarem Kapital für den ESM verpflichtet, kommen noch einmal 17,3 Milliarden Euro dazu. Ergibt zusammen 19,5 Milliarden Euro und das ohne, dass das österreichische Parlament darüber abstimmen darf. Bis heute ist unklar, ob der EFSF parallel zum ESM bestehen soll oder darin aufgehen wird. Sollte der EFSF weiter bestehen bleiben, würden noch einmal 28 Milliarden Euro Zahlungsverpflichtungen (Kapital und Haftungen) dazu kommen. Unser Anteil an der Hilfsaktion für Griechenland beträgt insgesamt 4,3 Milliarden Euro, wobei wir bisher schon 1,56 Milliarden Euro an Griechenland überwiesen haben. Geld, das wir nie wieder sehen werden. Geld, das wir nicht haben, Mittel, die wir auf dem internationalen Kapitalmarkt in Form von Krediten aufnehmen müssen. Schon im nächsten Jahr wird Österreich für die hohen Schulden 10 Milliarden Euro nur an Zinsen leisten müssen. Geld, das ins Ausland fließt und somit verlorenes Geld ist und unsere budgetären Spielräume immer mehr einengt. 


Insgesamt hat diese Bundesregierung den österreichischen Steuerzahler durch Unverantwortlichkeit und vorauseilendem Gehorsam gegenüber Brüssel zu 25 Milliarden Euro Barzahlungen und rund 50 Milliarden Euro Haftungen verdonnert. Haftungen sind Zahlungsverpflichtungen und können jederzeit schlagend werden. 


Die Zahlungsverpflichtungen Österreichs zusammengefasst: 
Bareinzahlungen: 
EUR 4,30 Mrd. bilaterale Kredite für Griechenland 
EUR 2,23 Mrd. Einzahlung ESM 
EUR 17,30 Mrd. Jederzeit abrufbare Bargeldleistung ESM 
Haftungen: 
EUR 28,00 Mrd. EFSF 
EUR 19,53 Mrd. ESM 
Da wir diese Zusagen selbst über Kredite finanzieren müssen, sind Zinskosten nicht berücksichtigt. 

Eigentlich erwarte ich mir solch eine Aufstellung (die noch dazu stimmt) von der Frau Finanzministerin. Die gibt es aber in dieser Form schlicht nicht.

Noch ein Thema, das sehr aufregend ist:

Der ESM ist dazu verpflichtet auf dem sogenannten "Sekundärmarkt" für Staatsanleihen ebensolche aufzukaufen, damit zu handeln.
Zur Erklärung: der Sekundärmarkt ist der "Ramschmarkt" - nachdem die großen Banken und Investmenthäuser sich am sogenannten "Primärmarkt" also direkt von den Staaten selbst solche Anleihen geholt haben, verhökern dieselben Investmenthäuser diese dann an den ESM weiter.
Also wenn schon Anleihen von Staaten beziehen, warum dann nicht direkt auf dem "Primärmarkt" und stattdessen über eines der Investmenthäuser, die mit Schuld daran sind, dass es diese Krise in diesem Ausmaß überhaupt gibt. Bitte, wer hat denn das verfügt, dass der ESM mit unserem Steuergeld ausgestattet den gleichen Banken und Investmenthäusern Gebühren dafür bezahlt, dass er sich dann Anleihen am "Sekundärmarkt" holen kann, die er ohne diese (unglaublich teuren) Gebühren auch am "Primärmarkt" bekommen könnte? Wer ist denn dafür verantwortlich, dass hier wieder Zwischenverdiener eingebunden sind?
Dieselben Berater und Experten, die nun auch in das ESM-Direktorium bestellt werden können und auch werden.

Was alle dabei vergessen: es geht bei alledem um Menschen, die darunter leiden. Die Abgabe der Budgethoheit hat schlicht zur Folge, dass wir auch die Hoheit über unser Sozialsystem verlieren, weil wir es dann nicht mehr frei verfügbar finanzieren können.

Da fällt mir eben die Meinung von Frau Vassilakou, stellvertretend für eine sehr eigenwillige Einstellung der Grünen aus Wien ein. Nämlich, dass man den Bürger in solchen (steuerlichen) Angelegenheiten nicht entscheiden lassen dürfe (bezogen auf das Wiener Budget und die Parkraumbewirtschaftung). Im Originalton zur Presse: Es sei eine Binsenweisheit, dass über Steuern und Gebühren nicht abgestimmt werden solle. Die Politik, so betonte sie, müsse zu bestimmten Zeitpunkten notwendige Maßnahmen umsetzen.

Moment: "......dass über Steuern und Gebühren nicht abgestimmt werden solle."? Warum eigentlich nicht?
Darf man deshalb auch nicht wegen des ESM abstimmen?
Wovor haben die Politiker derart Angst?

Das Volk ist NICHT gegen Europa! Das war es nie. Es ist nur gegen die Art und Weise, wie mit den eigenen Ressourcen umgegangen wird. Und, weil man den Politikern durch deren Verhalten und deren Verheimlichen nicht mehr vertrauen kann. Denn, solange die Schmutzkisten in Österreich nicht restlos aufgearbeitet sind und Wahrheiten, die man ja ohnehin schon vermutet, nicht offen und klar ausgesprochen werden und zuletzt der absolute Proporz (der noch nie darauf beruht hat, dass man qualifizierte Personen protegiert hat, sondern nur linientreue "Freunde") abgeschafft und Korruption nachhaltig und glaubwürdig bekämpft wird, gibt es auch keinen Grund, den Versprechen eben jener Politiker zu vertrauen.
Und da ist keine Fraktion ausgenommen.

Der absolute Konsum- und Geldrausch, der immer noch anhält und durch nichts außer der unglaublichen Gier nach "Mehr" begründet ist, verzerrt die wahre Geschichte dieses Landes und seine Sorgen.

In den Medien wird schlagzeilenweise darüber berichtet, welche "Un-"Person des "öffentlichen Interesses" gerade was zu wem gesagt hat, oder im schlimmsten Fall sogar, einfach nur gegessen hat. Dass wir aber ein echtes Bildungsproblem haben, das unsere Zukunft nachhaltig beeinträchtigen wird, oder echte Probleme in der Finanzierung unseres Sozialsystems haben, darüber wird am Rande und nebenbei berichtet. Weil die realwirtschaftliche Wahrheit offenbar nicht dazu taugt (nach Ansicht einiger Redakteure und Herausgeber), die Auflagen zu erhöhen und noch mehr zu erwirtschaften (nämlich durch Werbeeinschaltungen), bedient man sich immer öfter und brutaler des Genres "Sozialporno", frei nach dem Motto: "Komasaufen zieht immer" ......
Leider geht das auch mit der Polemik einiger politischer Fraktionen d'accord.

Sehen Sie sich einmal auf ORF 3 die Sendung an, in der alte Fernsehberichte noch einmal gezeigt werden. Unglaublich eigentlich, wie informativ (wenn auch nach heutigen Maßstäben vielleicht ein wenig "patschert") man damals war - und wie wenig man sich politisch hat tangieren lassen.

Diese Qualität muss wieder her. Dann hat Österreich eine echte Chance, die Wahrheit zu erfahren und die richtigen Entscheidungen auf Ebene des Volkes zu treffen. Weg vom politischen Instrument - weg vom Erfüllungsgehilfen in internationalen Geldbetrugsangelegenheiten (und das ist der ESM letztendlich: Geld wird aus dem Nichts neu erschaffen, ohne realen Gegenwert), hin zu echter kritischer und hochqualitativer Berichterstattung.
Weg vom Plutokratismus  - zurück zur Demokratie.

Nächste Woche werde ich versuchen den Herrn Faymann zu einem Interview zu bekommen - wenn er sich getraut, oder will.
Als Journalist muss und darf ich auch gar nicht "everybodys Darling" sein. Im Gegenteil.

Ihr Felix

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