Freitag, 20. Juli 2012

Eine Vorausschau: ESM 2020 – keine Suppe mehr am Tisch


Ein Blick in die Boulevardpresse zeigt: der ESM ist nur mehr ein Randthema. Unser Bundespräsident hat unterschrieben, dazu einige für Otto Normalbürger kaum verständliche Erklärungen abgegeben und der Rest blickt auf Deutschland und hofft, dass sich alles noch irgendwie ausgehen wird.

Eigentlich sehr unverständlich, warum die Presse hier nicht ihrer Verantwortung gerecht wird und schon im Hinblick auf die mögliche Wahrscheinlichkeit, dass die angekündigten Verfassungsbeschwerden doch Erfolg haben und es vielleicht sogar zu einer Volksbefragung kommen könnte (alle nur spekulativ natürlich) sofort beginnen, mit einer leicht lesbaren Aufklärung über den ESM, den Fiskalpakt und Target-2. Jetzt wäre der absolut richtige Augenblick dafür und Zeit, um die Öffentlichkeit nachhaltig zu informieren.

Rolf von Hohenhau, der Präsident der Taxpayers Association Europe, ist dem ESM besonders kritisch gegenüber und betreibt die Seite stop.esm.org. Einige seiner Kommentare habe ich zum Anlass genommen, um einmal ein Bild zur Betrachtungsweise eines ausgewiesenen Experten zu zeichnen.

Zitat:
„170 deutsche Wirtschaftswissenschaftler warnen eindringlich davor,  über den  ESM einen gemeinsamen  Haftungsverbund der Euroländer für Banken herzustellen (EU-Gipfel-Beschluss vom 29.06.2012).  Diese zusätzliche Bankenhaftung von rund 9,2 Billionen (neben der Haftung von „nur“ 3,3 Billionen für die Schulden schwacher Eurostaaten) werde die noch soliden Euroländer, speziell Deutschland,  überfordern. Auch sei grundsätzlich nicht einzusehen, weshalb  Bürger für Schulden der Banken haften  sollten. Die Anteilseigner und Gläubiger  der Banken – und nicht die unbeteiligten Bürger – seien für  Kreditrisiken und Rekapitalisierung der Banken zuständig. Diese hätten zu zahlen.“
Zitat Ende.

Die deutschen ESM-Politiker S(chäuble) und M(erkel) sind über diese Aussagen empört.  Vollkommener Quatsch, entgegnen sie.  Die Meinung der Elfenbeinturmbewohner sei  unverantwortlich und verwirre die Öffentlichkeit.
Bundeskanzlerin M(erkel) meinte, es gehe bei den Gipfelbeschlüssen nur um eine Bankenaufsicht und nicht um zusätzliche, gemeinschaftliche  Haftung für die Banken. Tendenz dieser und anderer Aussagen ist stets, der Euro bringe Deutschland nur Vorteile und müsse gerettet werden und bei einem Zusammenbruch des Euro drohe der ganzen Welt eine finanzielle Katastrophe. Alle Maßnahmen der Regierung würden hingegen dazu dienen  das Vertrauen in die Eurowährung wieder herzustellen.  Danach werde alles wieder gut. Soweit die Aussagen des „SM“ Klubs Deutschland.
Unisono stehen dazu, wenn auch nicht ganz so „preußisch“, sondern in der typischen österreichischen Mentalität eben: Bundeskanzler Faymann, Vizekanzler Spindelegger, Finanzministerin Fekter und ganz wichtig, die grüne Klubobfrau Glawischnig – obwohl diese auf EU-Ebene nun nicht besonders wahr genommen wird. Eigentlich gar nicht, wenn man sich ehrlich ist.

Als quasi „Gegenbeweis“ zu den Aussagen der 170 Experten, werden dann Tage später „130“ andere Experten genannt (wie wohl sich diese „andere“ Runde nur zu einem geringen Teil aus tatsächlichen Experten zusammensetzt), die den ESM über alles fordern und für unabdingbar erklären und das wird dann auch gleich einmal von unserem Bundespräsidenten Heinz Fischer im Rahmen einer Pressestunde in ORF 2 – wieder einmal typisch österreichisch – als eine „Pattstellung“ dargestellt. Alles nicht so ernst zu nehmen und es gibt halt ein Für und ein Wider, das man sich ansehen muss. Überhaupt, das ist ja alles so kompliziert und eben nicht ganz eindeutig.

Diese Einstellung ist ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen und bei genauer Betrachtung schon sehr fragwürdig – sowohl in der Argumentation, als auch in der Präsentation:
Einerseits gab und gibt es die (mehr) als 170 Experten, die auch als solche identifizierbar sind und gemeinsam mit gewichtigen Argumenten gegen die Art und Weise, wie der ESM funktionieren soll auftreten und dann gibt es da die „Gegengruppe“, die – oh Wunder – Tage danach aus dem Nichts erscheint und – jetzt wundere ich mich schon wieder – völlig konträre Ansichten teilt. Also: die ESM-Befürworter-Experten hat es offenbar zuvor nicht so organisiert gegeben, da man ja nichts von ihnen gehört hat. Erst das Auftreten der ESM-Gegner in Persona hat dazu geführt, dass die ESM-Befürworter plötzlich eine gemeinsame Meinung haben und abgeben. Sie sind geringer in der Zahl, später am Zug und trotzdem werden sie als tragbares „Gegengewicht“ angesehen?

Und natürlich möglichst Medienwirksam platziert. Da bleibt ein saurer Geschmack im Mund haften: Schmeckt ein wenig wie eine zusammengetragene und aufgerufene PanikREaktion und nicht wie die überzeugte Aktion eine Gruppierung, die aus freiem Willen und gemeinsamen Interessen auftritt und eine Meinung vertritt. Schmeckt gekauft und nicht gewachsen.

Das Volk wird dadurch weder umfassend informiert, noch in die Meinungsbildung integriert. Letztendlich werden dann reihenweise „Umfragen“ gestartet, die erheben sollen, ob der ESM nun gut, oder och abzulehnen sei. Die Ergebnisse sind ebenso undeutlich und volatil, wie eine Prophezeiung über den Ausgang der nächsten Wahl.

Interessant ist dabei, dass Menschen, die den ESM und die damit im Zusammenhang stehenden Aktionen der Politiker weiß und kennt, hat ein ganz anderes Bild, als diejenigen, die sich mit der Thematik ESM (ob nun aus Faulheit, Oberflächlichkeit, oder Nachlässigkeit und Desinteresse) nicht auseinandersetzen und blind dem ehemaligen Wohnbaustadtrat hinterher „lemmingen“. Hauptsache, der Werner ist superglücklich darüber, dass die Eva ihn so toll unterstützt hat (das war ja schon richtig eklig, wie oft man sich da gegenseitig lieb gehabt hat..).

Und diese träge Haltung in der Politik, dieser „Bussi-Bussi“-Wahnsinn trägt massiv dazu bei, dass die Bürger bei niedriger Laune gehalten werden, am besten uninformiert und dumm.
Alles halb so schlimm? Pessimistisches Geschwätz  von Professoren? Die Suppe wird nicht so heiß gegessen wie gekocht?  Für Manchen, der nicht beizeiten anfängt zu denken, werden sich diese Fragen bald nicht mehr stellen:  Kommt der ESM, wird in Euroland die Suppe weder heiß noch warm, sondern  überhaupt nicht mehr serviert!

Woran liegt es, dass sich kein echter Widerstand rührt und die Bühne des Widerstandes in Österreich nur den Freiheitlichen überlassen wird - wo sind die übrigen denkenden Menschen? Sind die Freiheitlichen nun die einzigen Vertreter der Bürger und Bürgerinnen geworden?
Woran liegt es, dass noch immer die Menschen auf der Straße bei einer Frage wie zum Beispiel: „Wissen Sie, was der ESM bedeutet?“ mit einem teilweise schon angewiderten Gesicht keine Antwort geben können?

Obwohl es eine ganze Reihe von Portalen im Netz gibt, die leicht lesbar die Informationen zum „Finanzbermudadreieck“ ESM, Fiskalpakt und Target-2 gibt, muss man feststellen, dass sich die Masse der europäischen Bürger nach wie vor über den ESM, den Fiskalpakt und Target-2 nicht oder nur höchst ungenügend informiert hat.
Um diese Bildungslücke auszumerzen müsste jeder halbwegs intelligente Bürger einige  Stunden lesen und denken.
Tun Sie das nicht, werden sich sehr kurzfristig finanzielle Verluste einstellen, die den Einzelnen an den Rand seiner finanziellen Leistungsfähigkeit führen können und auf jeden Fall hundertfach mehr Arbeitszeit erzwingen als durch Nachlässigkeit oder gar Faulheit zunächst eingespart wurde.

Im Falle des ESM ist diese Denkfaulheit für alle finanziell tödlich: Für den Sozialhilfeempfänger bis zum Millionär, denn beide sind „arme Leute“ gegenüber den wirklich „Reichen und Mächtigen“ dieser Welt, um deren Geld es bei der  „Staaten-, Euro- und Bankenrettung“  in Wirklichkeit geht und die stets von der verantwortungslosen „Eurorettung“ profitiert haben.

Glauben Sie nicht der Mainstreampresse und den Politikern, die Ihnen vorgaukeln, es handele sich hier um hochkomplexe  und für den Laien unverständliche Zusammenhänge. Die Eurounion ist nichts anderes als ein großes Mietshaus, das von 17 verschiedenen Familien mit unterschiedlicher Mentalität und Leistungsbereitschaft bewohnt wird.  Da treten Probleme zwangsläufig auf. Aber warum sollen ausgerechnet wir / Sie für die Fehler des ganzen Hauses geradestehen? Das Haus bleibt stehen und das Leben geht weiter, auch wenn einige Mieter pleitegehen und gemeinsame Abrechnungen wieder getrennt werden.

Beginnen Sie, sich zu wehren, nachzudenken, nachzulesen und geben Sie dann Ihrer Meinung – die Sie sich bilden müssen – eine Stimme. Gehen Sie bitte nicht sehenden Auges den Verblendeten und den Blendern einfach blind hinterher. Sie tragen Verantwortung: sehen Sie in die Augen Ihrer Kinder und fragen Sie sich, ob Sie damit leben wollen, Ihren Kindern eine Zukunft verwehrt zu haben, weil es „bequem“ war.

Ihr Felix

Montag, 16. Juli 2012

Politik anders betrachtet – was, wer mit wem, warum und überhaupt


Parlamentsferien – klingt ein wenig wie Schulferien und weckt Erinnerungen an die Zeit, als wir Knaben und Mädchen uns schon gefreut haben, uns endlich fernab der „Schuldiktatur“ im Strandbad allerlei Blödsinn und Unfug auszuhecken.
Klingt wie ein Tag im Parlament – könnte man unter dem Mantel des Sarkasmus heute auch sagen.

Diese Ferienzeit, in der unsere gewählten Volksvertreter sich vom Alltag der politischen Arbeit erholen, ist für mich die Zeit, in der ich geradezu mit Wollust und ohne dem Druck des ständigen Berichterstattenmüssen die „Basisarbeit“ erledige: Grundlagerecherchen, in den Archiven stöbern, amikale Interviews mit sich in der Entspannungsphase befindlichen PolitikerInnen führen, einfach in den Tag hineinschreiben – manches Mal auch ohne Sinn und Zweck dahinter, einfach, weil es Spass macht.

Dazu habe ich mir ein wenig „leichte“ Kost verordnet und starte in meine ganz privaten Ferien mit dem Thema: was ist Politik den nun wirklich und betrachten wir diese Politik doch einmal so, als wäre sie nicht wichtig.

Ein der besten und lustigsten Beschreibungen, was denn nun Politik ist, habe ich vor vielen Jahren einmal gelesen und mir Gott sei Dank aufgehoben. Hier nun diese wunderbare Überzeichnung in Form einer kurzen Geschichte:

Der kleine Sohn geht zum Vater und fragt ihn, ob er ihm erklären könne, was Politik sei. Der Vater meint: "Natürlich kann ich Dir das erklären. Nehmen wir zum Beispiel mal unsere Familie. Ich bringe das Geld nach Hause, also nennen wir mich Kapitalismus. Deine Mutter verwaltet das Geld, also nennen wir sie die Regierung. wir beide kümmern uns fast ausschließlich um dein Wohl, also bist du das Volk. Unser Dienstmädchen ist die Arbeiterklasse und dein kleiner Bruder, der noch in den Windeln liegt, ist die Zukunft. Hast Du das verstanden?" Der Sohn ist sich nicht ganz sicher und möchte erst mal darüber schlafen.

In der Nacht erwacht er, weil sein kleiner Bruder in die Windeln gemacht hat und nun schreit. Er steht auf und klopft am Eltern-Schlafzimmer, doch seine Mutter liegt im Tiefschlaf und lässt sich nicht wecken. Also geht er zum Dienstmädchen und findet dort seinen Vater bei ihr im Bett. Doch auch auf sein mehrmaliges Klopfen hin lassen die beiden sich nicht stören. So geht er halt wieder ins Bett und schläft weiter. Am Morgen fragt ihn der Vater, ob er nun wisse was Politik wäre und es mit seinen eigenen Worten erklären könne. Der Sohn antwortet: "Ja, jetzt weiss ich es. Der Kapitalismus vögelt die Arbeiterklasse während die Regierung schläft. Das Volk wird total ignoriert und die Zukunft ist voll Scheisse!"

Köstlich und treffend, diese Allegorie, nicht wahr?

Da ich hier in der Meinungsbildung und der fantastischen Sichtweise nicht hinderlich sein möchte, überlasse ich es gerne Ihnen, die Figuren der Erzählung mit Parteifarben auszumalen.

Da sind wir dann schon beim „wer mit wem“.

Diese Konstellationsfrage ist gar nicht so leicht zu beantworten – zu volatil sind die Dogmatiken und viel zu fragil die eigentlichen Vorhaben der einzelnen Protagonisten (verzeihen Sie bitte den Wulst an Fremdwörtern). Anders gesagt: wieso zerbrechen Koalitionen derart schnell, finden sich in kürzesten Zeitabständen nach Neuwahlen wieder und wieso polemisierte jede Opposition nur?

Unterscheiden wir zunächst einmal zwischen den zwei großen Bereichen, die uns zugänglich sind:

Die Journaillenpolitik (das ist meine Bezeichnung für die Politik, die wir tagtäglich medial auf den Teller serviert bekommen):

Was Gestern noch notwendig war, ist heute nicht mehr relevant und wird morgen schon überholt sein. Die heutig medial präsente Politik ist ein ständiger Fluss, immer in Bewegung und darauf ausgerichtet, sich und die eigenen Vorhaben in das möglichst beste Wahllicht zu rücken. Nicht immer ist das, was gerade rausposaunt wird, auch das, was tatsächlich verfolgt wird. Bestimmt wird diese Art der Politik durch die einzelnen Persönlichkeiten, die sogenannten Meinungsmacher und Obleute und Obfrauen.
Wobei man nie außer Acht lassen darf, dass diese an die Parteigremien gebunden sind! Das, was uns vorne gesagt wird, muss hinten getragen werden, oder anders gesagt:
Jede/r nach außen hin repräsentierende SpitzenpolitikerIn muss sich schließlich dem demokratischen Diktat der Partei stellen. Die Handlungsspielräume sind hier sehr begrenzt und Ausreißer werden nicht selten mit dem Niedergang der Person betraft. Ganz klar also, dass der tatsächliche Handlungs- und Kommunikationsraum sehr beschränkt durch Parteistrategien ist.

Dann gibt es da noch die Politik als Staatskunst:

Diese ist in mehrere Bereiche eingeteilt und agiert bis zu einem gewissen Punkt (nämlich bis zu jenem Punkt, wo dann die Journaillenpolitik ins Spiel kommt) fern der öffentlichen Wahrnehmung und wird in den allermeisten Fällen von den Spitzenbeamten der jeweiligen Regierungseinrichtungen ausgearbeitet, vorbereitet und auch umgesetzt.
Der institutionelle Rahmen, der politische Prozess und die einzelnen Politikfelder werden von Professionisten erledigt und ausgefüllt, die nicht viel mit der öffentlichen Wahrnehmung zu tun haben.
In dieser Staatskunst geht es vor allem darum, bestimmte Inhalte machtpolitischer oder struktureller Natur Durchzusetzen. Zum Beispiel beim Entstehen eines Gesetzes. Zusammen mit den inhaltlichen Aspekten (Budget, Verkehr, etc..) und den parteipolitischen Vorgaben entsteht hier ein demokratischer Prozess, der letztlich von der Artikulation eines Interesses zur Gesetzgebung führen kann.

Ich darf mich jetzt Peter Filzmaiers bedienen, der einige sehr gute Beschreibungen zur Politik in einem Essay niedergeschrieben hat:

„Politik ist die Summe der Mittel, die nötig sind, um zur Macht zu kommen und sich an der Macht zu halten und um von der Macht den nützlichsten Gebrauch zu machen, (…) Politik ist also der durch die Umstände gebotene und von dem Vermögen (virtu) des Herrschers oder des Volkes sowie von der spezifischen Art der Zeitumstände abhängige Umgang mit der Macht. Niccolò Machiavelli (um 1515)

Der Sinn von Politik ist Freiheit. Hannah Arendt

Diejenigen, die zu klug sind, sich in der Politik zu engagieren, werden dadurch bestraft, dass sie von Leuten regiert werden, die dümmer sind als sie selbst. Platon

Politik ist der stets neu zu schaffende Kompromiss von Macht und Vernunft. Carl Friedrich von Weizsäcker

Politik ist unblutiger Krieg, und Krieg ist blutige Politik. Mao Tse-Tung

Wer Politik betreibt, erstrebt Macht. Max Weber

Wo Politik ist oder Ökonomie, da ist keine Moral. Friedrich Schlegel „

In beiden Bereichen finden wir die Antworten auf die Fragen: „wer mit wem „

Einerseits sind Koalitionen auf Zeit getroffene Vereinbarungen zu einem gemeinsamen Ziel: der Machterhaltung. Dies natürlich immer nur unter der Prämisse, den Wählerwillen zu erfüllen – so die immer wieder gleichlautende Erklärung.
Andererseits sind diese Koalitionen auch ein zwingendes Produkt der Demokratie: um Ziele zu erreichen müssen für bestimmte Vorhaben Mehrheiten zwingend erforderlich. Eine Koalition wird auch deshalb – und mit dem am Leichtesten zu handhabenden Partner (siehe Wien) – geschlossen um der eigenen Vorstellung von Regierungsverantwortung gerecht zu werden.

Manches Mal zerbrechen dann solche fragile Konstrukte aufgrund persönlicher Befindlichkeiten, aber auch wegen zu großer Differenzen in der Grundauslegung der Parteilinien.
Dass solche zerbrochenen Koalitionen nach einer Neuwahl wieder zueinanderfinden, liegt zumeist darin begründet, weil einzelne Personen ausgetauscht worden sind und weil man den Machterhalt auch um den Preis der Mitbestimmung betreiben muss.

Die Opposition hat hier als einzig taugliches Mittel nur die Kritik zur Verfügung: würde sie die  - manches Mal vielleicht durchaus tauglichen – Ideen und Konzepte für Problemlösungen oder zur Vorsorge und Staatenlenkung der regierenden Fraktion(en) zuarbeiten ohne auf sich selbst aufmerksam zu machen, dann würde die Opposition immer in der Rolle der „Watchmen“ bleiben und nie an die Regierungsmacht kommen.
Und das will sie natürlich genauso, wie die Regierenden an der Macht bleiben wollen.

Unterstellen wir hier einmal keine persönlichen Gründe zum Machterhalt, oder zur Machterlangung, sondern einfach, dass in aller Interesse das Wohl des Souveräns liegt, dann sind diese Bestrebungen durchaus verständlich und sollten eigentlich – unter der Voraussetzung, dass die staatstragenden Entscheidungen auch auf fundiertem Wissen beruhen – zur idealen Regierungsform führen.

Sie merken schon: das kann man alles nur im Konjunktiv schreiben, weil es eines der wünschenswerten Ideale wäre – und das auch nur vom Standpunkt eines einzelnen Betrachters aus gesehen.

Bleibt die Fragestellung übrig: „warum und überhaupt“.

Dies führt mich zu der in der letzten Zeit immer mehr geforderten direkten Demokratie.
Ein zweischneidiges Schwert, das zu führen sehr viel Geschick benötigt, ansonsten irreparable Schäden unausweichlich sind.

Zuerst einmal bedeutet der Wunsch nach direkter Demokratie die Schaffung eines ganz trivialen Problems:
Um dem Volk eine Entscheidungsbasis zu bereiten, die notwendig wäre, um sachlich und inhaltlich eine tatsächliche Meinungsbildung hervorzubringen und dann auch zu einer Entscheidung, ist ein irrsinniger Aufwand nötig: Die grundlegenden Informationen müssten frei, einfach und in leicht verständlicher Form zugebracht werden (ein einfaches „zur Verfügung stellen“ wäre hier der falsche Weg). Der Meinungsbildungsprozess müsste dann von weiterführenden Informationen begleitet werden, die wieder in fachlicher und sachlicher Hinsicht partieunpolitisch aufbereitet sein müssten.
Um hier überhaupt einen Nährboden für eine ausgewogene Meinungsbildung zu schaffen, müssten dem Volk zumindest die grundlegenden Mechanismen beigebracht worden sein – und das, mit Verlaub ist in Österreich wohl nicht so ganz der Fall, oder kennen Sie mehr als fünf Menschen in Ihrem Bekanntenkreis, die sich die Verfassung schon einmal durchgelesen haben, geschweige denn, sich damit auch auseinandergesetzt haben? Wohl eher nicht.

Ich glaube, dass hier schon einer der Gründe liegt, warum das Vorhaben direkte Demokratie kein Vorhaben für einen Sommer ist, sondern – wenn ernst gemeint – schon im Schulunterricht Einzug halten muss.

Die zweite Gefahr besteht darin, dass es zu einer versteckten „imperativen Demokratie“ (das ist mein Kunstwort für eine sogenannte „Räterepublik“) kommen könnte:

Die tatsächliche direkte Demokratie bedeutet letztendlich, dass Mandatare (die „Räte“) direkt vom Volk gewählt werden und mit einem eindeutigen Auftrag versehen und an diesen dann auch gebunden werden.
Das wäre dann die Konsequente Umsetzung des Wunsches nach direkter Demokratie. Frage ist, ob wir das so wollen:
Dann würden sogenannte „imperative Mandate“ vergeben, bei denen einzelne Volksgruppen (zum Beispiel Bezirke, Gewerkschaften, Bauernbünde, Landkreise, Städte, etc..) direkt einen Mandatar wählen können, der dann die Interessen dieser Volksgruppe zu vertreten hat. Die Entsendung solcher Mandatare würde dann zwangsläufig auch in den Gesetzgeber, die Gerichte und die Regierung im Allgemeinen geschehen und diese „Räte“ wären dann auch wieder abrufbar und natürlich direkt beeinflussbar. Eine Gewaltenteilung gäbe es nicht mehr.
Ein Beispiel für eine Rätedemokratie ist zum Beispiel Russland um 1920.

Wenn man sich allerdings dieser Gefahren bewusst ist und ausschließt, dann kann es durchaus Sinn machen, ein Mehr an direkter Demokratie zu wollen. Dabei darf der Parlamentarismus jedoch nie abgeschafft werden, denn das „freie Mandant“ bedeutet, dass der jeweilig gewählte und entsendete Politiker nach seinem Gewissen entscheidet und nicht einer Dogmatik folgt (das ist der große Unterschied zum obigen Beispiel).

Es ist durchaus legitim, das bestehende Modell einer Demokratie andauernd zu hinterfragen und nach einem Weg zu suchen, um möglichst viele Meinungen frei zu vereinen.
Insofern ist auch eine Diskussion über das bestehende Demokratiemodell wünschenswert, allerdings sollten die Begriffe richtig definiert werden und klare Grenzen gezogen werden, denn eines ist klar:
Nur aufgrund der in den letzten Jahrzehnten gelebten Demokratie haben wir das erleben dürfen, was wir heute Freiheit nennen.

Mit diesem kostbarsten aller Güter muss man vorsichtig und bedächtig umgehen.

Der erste Weg ist sicherlich der, dass man den Souverän gründlich und ehrlich über die bestehende Demokratie aufklärt. Also: zuerst ein Mehr an Bildung!

Dazu darf ich mich dieses Bildes bedienen:



Nun wissen Sie, wie meine „Parlamentsferien“ aussehen und wie viel Spass ich dabei habe, die Aussagen und Anmerkungen und Vorhaben der in Urlaub befindlichen PolitikerInnen kritisch zu beäugen: einen Mordsspaß!

Ihr Felix

Sonntag, 15. Juli 2012

Der „Brüssel Shuffle“ – es gibt ihn tatsächlich


Ein Monat Blog „tu felix Austria weißt ja so vieles nicht...“. Zeit, um ein kurzes Resümee zu ziehen.

Am Beginn dieses Blogs habe ich ein Statement abgegeben:

„Weil Ungehörtes hörbar werden muss, Unsichtbares sichtbar werden muss, Verschwiegenes öffentlich gemacht werden muss - kurz, weil einfach Schluss sein muss, mit der gewollten Verdummung der Österreicherinnen und Österreicher.“

Um dieses Ziel zu erreichen, habe ich in „geheimen“ Datenbanken nach noch geheimeren Dokumenten geschnüffelt, sensible Kontakte angesprochen, eine Menge unangenehmer Fragen gestellt und manches Mal komische Antworten erhalten, bin in ganz Europa unterwegs gewesen und habe alte Gefallen eingefordert und mich bei einigen Menschen unbeliebt gemacht, einen „Nebenwohnsitz“ im Parlament aufgeschlagen und mich in ganz privaten Treffen mit unseren Politikern unterhalten, habe mir unzählige Stunden Videomaterial angesehen und auf die Körpersprache der ProtagonistInnen geachtet und mir die Ansprachen und Reden der PolitikerInnen immer wieder angehört, durchgelesen und analysiert – kurz gesagt: ich habe meine Hausaufgaben gemacht.

Aus alle den gewonnen Informationen ergibt sich nun schön langsam ein Bild, welches mich bei der Suche nach Antworten auf die ursprünglich gestellten Fragen zu neuen Fragen gebracht hat.

Aber was habe ich herausgefunden?

Um es mit den Worten der Filmfigur Mr. Goodkat (Bruce Willis) aus dem Film „Lucky Number Slevin“ zu sagen: „when everybody looks right, you go left.” – zu Deutsch: „wenn alle Welt nach rechts guckt, während du links rum gehst.“. 
Diesen „Brüssel Shuffle“ habe ich gefunden und ich werde Ihnen nun den Mechanismus beschreiben, wie dieses Ablenkungsmanöver angelegt ist, wer dabei kräftig mitmischt und wie es funktioniert.

der "Brüssel Shuffle" ist nicht mehr und nicht weniger, als das Vorhaben einer weniger, gegen den Widerstand Vieler die vereinigten Staaten von Europa und den zentralen Zugriff auf das gesamte europäische Volksvermögen zu erhalten. Dazu Euro-Gruppen-Chef Juncker heute: "„Ich wäre dafür, am Ende des Prozesses das Amt eines Europäischen Präsidenten zu schaffen, der von den Bürgern der EU direkt gewählt wird“, sagte Juncker dem deutschen Magazin „Spiegel“.
Als „Vorstufe“ sei es möglich, die Ämter des EU-Ratspräsidenten und des Kommissionspräsidenten zusammenzulegen.
Ebenso hält der luxemburgische Ministerpräsident einen Europäischen Finanzminister für sinnvoll. Dazu könnte man „den Posten des Währungskommissars mit dem des Euro-Gruppen-Vorsitzenden zusammenlegen“.

Der Vorwand dazu ist die nunmehr schon sehr lange künstlich in die Länge gezogene Griechenlandkrise.

Dazu muss ich ein wenig ausholen und einen kurzen Abriss über Täuschungsmanöver in der Menschheitsgeschichte plaudern:
Die wohl bekanntesten sind das „Trojanische Pferd“ und die „Sechsunddreißig Strategeme des chinesischen Generals Tan Daoji“. Bei letzterem finden wir eine Reihe von sogenannten „Strategemen“, die ich hier auszugsweise aufzählen möchte:

„Mit dem Messer eines Anderen töten“
„Ein Feuer für einen Raub ausnutzen“
„Im Osten lärmen, im Westen angreifen“
„Etwas aus einem Nichts erzeugen“
„Hinter dem Lächeln den Dolch verbergen“
„Die List des Zwietrachtsäens“

Diese Strategemen werden einem chinesischen General zugeschrieben, der im 5 Jahrhundert gelebt hat und sie sind in eine Vielzahl militärischer, diplomatischer und private Themen eingeflossen.
Grundzüge dieser Taktiken finden wir dann später auch bei  Machiavellis Werken und auch in Werken von Johann Wolfgang von Goethe und: im Werken und Tun der Spitzenpolitiker der Neuzeit.

Abgesehen von den vielen Finten, die in den großen militärischen Kriegen des 20. Jahrhunderts angewendet wurden, finden wir dieselben Mechanismen auch in allen Bereichen des politischen Lebens.
Und diese Strategielehren werden in der einen oder anderen Form an jeder politischen Akademie und Kaderschmiede rund um den Globus gelehrt und unterrichtet. Es gibt wahrscheinlich kein/e führende/r Politiker/in, die/der  diese Lehren nicht eingetrichtert bekommen hätte. Ich spreche hier nicht vom Bezirksrat um die Ecke, sondern von der politischen Elite, die auf der ganzen Welt Staaten lenken.
Eines der berühmtesten Werke ist hier „Die Kunst des Krieges“ von Sunzi, das mit den Worten beginnt:
„Die Kunst des Krieges ist für den Staat von entscheidender  Bedeutung..... Deshalb darf sie unter keinen Umständen vernachlässigt werden.“. Und weiter: „Die größte Leistung besteht darin, den Widerstad des Feindes ohne einen Kampf zu brechen.“.

Eine der grundlegenden Wahrheiten und Regeln bei der Einführung und Umsetzung großer Änderungen ist jene, dass mann solche Änderungen nicht auf einmal machen kann, weil dann der natürlich Widerstand zu groß ist.

Zitate zum "Brüsseler Shuffle" (dem ESM und die Währungsunion):

Jacques Attali - l’eminence gris von Präsident Mitterrand (Désirs d’Avenir, Paris, 24.01.2011):

„Alle diejenigen, die wie ich das Privileg hatten, bei der Abfassung der ersten Version des Maastrichter Vertrages die Feder zu führen, taten alles, um sicherzustellen, dass ein Austritt unmöglich wäre.“

Giuliano Amato – ehem. Vizepräsident des Europäischen Konvents (La Stampa, 2000):

„Deshalb ziehe ich es vor, langsam vorzugehen und die Souveränität Stück für Stück zu zerbrechen und dabei plötzliche Übergänge von den nationalen Befugnissen zu vermeiden.“

EU-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker (Spiegel 1999):

„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ab was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter. Schritt für Schritt – bis es kein Zurück mehr gibt.“


Und eben jene Politikereliten – und dazu muss man auch unsere eigenen Politiker rechnen (wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie zum Beispiel die PolitikerInnen, die durch die US-Kaderschmieden ausgebildet werden) – arbeiten nach diesen Lehren.
Eigentlich vernünftig und durchaus plausibel, denn die staatstragende Verantwortung zum Beispiel eines Bundeskanzlers über das Wohl vom acht Millionen Menschen bedarf einer Ausbildung, die strategisch und visionär denken und handeln lässt. Dass dabei auch verantwortungsbewusst und zum Wohle Aller gehandelt und projektiert wird, ist dagegen nicht immer garantiert-

Das liegt ganz einfach begründet in einer zutiefst menschlichen Regung: Wenn man ein Mehr an Wissen gegenüber dem Rest der Gesellschaft hat, dann besteht die große Gefahr, sich selbst für etwas Besseres, Klügeres und Höheres zu halten. Quasi mit dem „Wissen gesegnet“ (Zitat des ehemaligen italienischen Premiers Berlusconi) zu sein, führt – vereint mit der erteilten Macht durch ein Wahlergebnis – zwangsläufig dazu, dass man sich selbst als Zugehörige/r einer höheren Kaste empfindet.
Es ist eigentlich ganz einfach: Macht korrumpiert – mehr Macht korrumpiert noch mehr.
Die menschliche Größe, die dazu notwendig ist, um dieser Verlockung nicht anheim zu fallen, ist leider nicht Jedem/r gegeben. So geschieht es , dass sich die staatstragenden Verantwortlichen (und hier handelt es sich nicht immer nur um Politiker – auch Wirtschaftsbosse gehören dazu)  getrieben durch die Eitelkeit in sehr elitären Gruppen und Treffen dazu berufen fühlen, unser Leben zu bestimmen.

Dieses Phänomen hat sich im Laufe der Geschichte immer wieder wiederholt – und es ist selten gut ausgegangen.

Jetzt bin ich – nach dieser sehr langen Einleitung – beim eigentlichen Thema angelangt:

Natürlich gibt es sie, die politische Elite, die sich untereinander trifft und Entscheidungen fällt.
Selbstverständlich nimmt „Otto Normalbürger“  an solchen Entscheidungsprozessen nicht teil – dazu hat er/sie ja seinen/ihren politischen Vertreter gewählt und beauftragt.
Allerdings pervertiert sich diese Auftragserteilung in dem Moment, wo die menschlichen Bedürfnisse nach Anerkennung, Pflege der Eitelkeit und der Arroganz bei den gewählten Protagonisten in den Vordergrund treten und den Auftrag der Wähler verblassen lassen. Beliebtestes Argument ist dabei (und auch ganz offen von der sehr einfach gestrickten Frau Vassilakou ausgesprochen), dass der Wähler dafür zu dumm ist und man ihn/sie nicht mitreden lassen darf.
Diese Einstellung führt zwangsläufig unter anderem dazu, dass sich Bünde und Gruppierungen bilden, die in geheimen Treffen nach eigenem Gutdünken projektieren, entscheiden und umsetzen.
Bestes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit:

Am 06.05.2011 haben sich aufgrund der Griechenlandkrise die FinanzministerInnen der EU im Chateu de Senningen in Luxemburg getroffen. Geheim und ohne Verständigung der Presse. Nur ein Sager des Luxemburger Regierungschef Jean-Claude Juncker führte schließlich dazu, dass es öffentlich publik wurde. Er sagte wortwörtlich „Wenn es ernst wird, muss man lügen.“ Und bezog sich damit darauf, wie man mit den Tatsachen in der Griechenlandkrise umgeht, nämlich, dass Griechenland es aus eigener Kraft keinesfalls mehr schaffen wird, aus der Krise heraus zu kommen und wie man dem europäischen Volk klarmacht, dass man noch mehr an Hilfen nach Griechenland zahlen muss, in dem Wissen, dass diese Gelder nicht mehr rückzahlbar sein werden – weil sonst sofort die nächste, noch größere Krise drohen würde: der komplette Kollaps Griechenlands.

Ein Geheimtreffen der politischen Elite. Eines von vielen, die fast täglich geschehen. Manche sind mit Mythen behaftet, andere einfaches Tagwerk in unserem Parlament (so auch der eben erst beschlossene geheime ständige Unterausschuss zum ESM).

Zu den Mystischen gehört wohl das alljährlich stattfindende Bilderberg-Treffen, zu dem allerlei umtriebige und auch mächtige EntscheidungsträgerInnen eingeladen werden.

Solche Treffen sind regelrechte „Think-Tanks“, wo sich einige wenige das Recht herausgenommen haben und herausnehmen, aufgrund gemeinsamer Interessen und eines stillen Bündnisses, weitreichend strategische Projekte zu planen und ins Rollen zu bringen. Die EU und der Euro sind ein nachweisbares Produkt dieser treffen.

Lassen wir nun die Verschwörungstheorien einmal außer Acht und sagen, dass es sich bei diesen Treffen nicht um den Versuch handelt Einfluss durch die wirtschaftstreibenden Mächtigen auf die politischen Eitlen zu nehmen.

Dann haben wir hier eine Gruppe von rund 140 Menschen, die es sich zum Ziel gemacht hat, uns möglichst schmerzfrei und leise, Stück für Stück jene Souveränität abzuerkennen, die uns laut der jeweiligen nationalen Verfassung zusteht.
Wobei das Ziel hier völlig egal ist.
Fakt ist, dass dieselben Menschen, die auch bei diesen Treffen anwesend sind, in unseren Regierungen sitzen. Nicht überall und nicht überall gefestigt, aber es gibt sie und sie sind uns wohl bekannt.

Wie agiert die politische Elite nun tatsächlich? Nun, es gibt offensichtlich keinen geeinten Masterplan, der dafür sorgt, dass alle einer Meinung sind, denn sonst würde es nicht den Widerstand geben, den es eben gibt.
Also bedient sich die Elite ganz einfach jener Mittel und Mechanismen, die sie auf den politischen Akademien gelernt haben. Das ganze Vorhaben wird natürlich wieder ad Absurdum geführt, weil viele der elitären politischen Führer ideologisch gehandicapt sind. Das Spektrum reicht da von ganz links nach ganz rechts und lässt sich schließlich nicht wirklich unter einem Hut bringen.
Dann wird – nicht einmal in letzter Konsequenz, sondern einfach zwingend logisch – gelogen und getäuscht.

Wie das geht ist ganz einfach: es werden die Medien manipuliert. Das ist nicht schwer, wenn man weiß, wie zum Beispiel eine große Tageszeitung mit hunderten Mitarbeitern funktioniert. Da steckt dann oft nicht einmal eine Verschwörung dahinter, sondern ganz einfach ein gewisses Maß an fehlender Bildung und Faulheit. Ich kenne einige Redakteure, die schon lange davon abgekommen sind, vorgelegte Informationen genau zu hinterfragen und selbst zu recherchieren.
Dann werden Meldungen einfach übernommen. Egal, ob die nun wahr sind, oder nicht.

Der Leser, Zuhörer, oder Zuseher hat davon keine Ahnung. Er bekommt nur die Nachricht auf den Tisch und nimmt sie als gegeben hin.
Das wissen unsere Entscheidungsträger natürlich und beschäftigen seit jeher eigene Pressereferenten für genau solche Miteilungen – wobei oft nicht einmal diese Pressesprecher wissen und auch nicht hinterfragen, ob der Nachrichteninhalt wahr ist, oder nicht.

Es ist in Wahrheit ganz einfach, die öffentliche Meinung so zu manipulieren, wie man es braucht. Damit das funktioniert schließen sich eben jene politischen Eliten – auch in Österreich (siehe das plötzliche „Überlaufen“ der grünen Opposition zur Regierungsbank) – kurzfristig zu Bündnissen zusammen und schotten sich so gegen eine Einflussnahme durch eine Meinungsbildung durch das Volk ab. Ja, man ignoriert es völlig.
Ein aktuelles Beispiel, wie man ein Versprechen, die Bürgerinnen und Bürger Österreichs in Volksabstimmungen einzubinden locker vom Tisch fegt, bringt uns Bundeskanzler Faymann, der auf diesen berühmten Brief an die Krone angesprochen folgendes dazusagt (wieder in der Krone vom 14.07.2012):

„Und zu ESM und Co. weiß der Bundeskanzler, dass er "mit der Klugheit im Nachhinein beim berühmten Leserbrief an die 'Krone' die Finanz- und Wirtschaftsschwierigkeiten in der Euro- Zone berücksichtigt hätte". Aber deshalb "jetzt jeden Einzelschritt einer Volksabstimmung zu unterziehen, wäre in der Situation nicht hilfreich".

Und wie reagiert nun der betroffene Bürger, die betroffene Bürgerin, denen der Kanzler soeben sein Hinterteil ins Gesicht gestreckt hat und dazu charmant lächelt?

Gar nicht. Das ist eine österreichische Eigenheit, die uns in manchen Situationen gerettet hat, aber in vielen schon geschadet hat: das berühmte Aussitzen und Ignorieren.

Deshalb funktioniert der „Brüssel Shuffle“ auch so gut:

Während uns allen im Grunde genommen maximal bezirksblattwichtige Nachrichten als staatstragend um die Ohren und Augen geschlagen werden, wird daneben unbeobachtet ein Maßnahmenpaket um das andere, ein Vertrag um den anderen durchgeschleust und verabschiedet.

Und damit das funktioniert, agiert unser Kanzler in einer besonderen Art und Weise:

Konflikte und heikle Themen, die zu Konflikten mit wem auch immer führen könnten, meidet Faymann. Schwierige Themen lagert er gern aus: in Arbeitsgruppen oder an Josef Ostermayer, den Staatssekretär für Medien und alles andere. Denn der Kanzler will nur eines: irgendwie im Sattel bleiben. Daher geht er immer den Weg des geringsten Widerstands.



Visionen, wie sie ein Alfred Gusenbauer („solidarische Hochleistungsgesellschaft“), Wolfgang Schüssel („Privat vor Staat“) und Viktor Klima mit seinem „dritten Weg für Österreich“ hatten, sind Faymann fremd. Er ist ein Besitzstandswahrer, der auch und vor allem den eigenen Parteibesitz bewahren will. Kanzlersein ist dabei eine Art Selbstzweck: Faymann will die SPÖ nicht notwendigerweise zu alter Stärke zurückführen. Ihm reicht ein Wahlergebnis um oder knapp über 30 Prozent, um bleiben zu können, was er ist. In einem System wie dem österreichischen ist das keine schlechte Taktik: Wer die Sozialpartnerschaft weitgehend in Ruhe werken lässt, überlebt politisch länger. Noch kaum ein Kanzler vor ihm genießt diesen nationalen Machtverlust so sehr wie er, weil er eine Perspektive hat, die seine eigen Eitelkeit befriedigt: er darf an geheimen Treffen teilnehmen und sich wichtig fühlen. Er steht über den nationalen „Problemchen“ und palavert stattdessen lieber auf internationaler Bühne mit. Merkel als Gegnerin und Hollande als Gralsbringer sind seine Haken in der politischen Wand Europas, auf der er unbedingt den Gipfe erreichen will.
Er sagt auf eine Anfrage, ob er EU-Präsident werden wollle nicht, dass das für ihn nicht in Frage kommt, sondern: bis Oktober ist es noch ein Zeit hin, da kann und will ich jetzt nicht Stellung nehmen dazu.



In diesem vermeintlichen Licht einer nicht existenten Größe ist es klar, dass sich ebenso nach Anerkennung gierende Persönlichkeiten der nationalen politischen Elite angezogen fühlen, wie die Motten vom Licht. Inklusive der dabei mitzubringenden Unterstützung für den Kanzler auf nationaler Ebene.



Faymann ist ein Blender – ein zugegeben talentierter Mr. Ripley, der sich nicht zu schade dafür ist, bei allen Vorhaben mitzumachen, die ihm persönlich dienlich sind.

Wenn das Volk auch etwas davon hat, dann ist es gut. Wenn nicht, dann wird es eben so dargestellt, als wäre es wichtig für das Überleben Österreichs und die Kritiker verstummen. Immerhin gibt es immer noch die EU und Brüssel, die das erklärte Ziel Faymanns sind. Der „Brüssel Shuffle“ kommt ihm da nur recht.

Liebe Leser, das erste Monat Blog hat dazu geführt, dass ich mehr Fragen habe als zuvor und weniger Antworten erhalten habe als erhofft.
Ich habe derart viele Lügen gehört und Täuschungen gesehen, dass mein grundlegender Respekt vor der immensen Verantwortung der politischen Elite in Österreich auf ein gerade noch vorhandenes Mindestmaß gesunken ist. Wo früher bei meinen Besuchen im Parlament noch eine gewisse respektvolle Anerkennung der Arbeit der einzelnen PolitikerInnen da war, empfinde ich bei einem Besuch heute teilweise eine regelrechte Abscheu, den Menschen die uns regieren gegenüber zu treten.

Es gibt noch viel zu tun. Also: begleiten Sie mich weiter, wir haben einiges zu klären.

Ihr Felix