Parlamentsferien – klingt ein wenig wie Schulferien und
weckt Erinnerungen an die Zeit, als wir Knaben und Mädchen uns schon gefreut
haben, uns endlich fernab der „Schuldiktatur“ im Strandbad allerlei Blödsinn
und Unfug auszuhecken.
Klingt wie ein Tag im Parlament – könnte man unter dem
Mantel des Sarkasmus heute auch sagen.
Diese Ferienzeit, in der unsere gewählten Volksvertreter
sich vom Alltag der politischen Arbeit erholen, ist für mich die Zeit, in der ich
geradezu mit Wollust und ohne dem Druck des ständigen Berichterstattenmüssen die
„Basisarbeit“ erledige: Grundlagerecherchen, in den Archiven stöbern, amikale
Interviews mit sich in der Entspannungsphase befindlichen PolitikerInnen
führen, einfach in den Tag hineinschreiben – manches Mal auch ohne Sinn und
Zweck dahinter, einfach, weil es Spass macht.
Dazu habe ich mir ein wenig „leichte“ Kost verordnet und
starte in meine ganz privaten Ferien mit dem Thema: was ist Politik den nun
wirklich und betrachten wir diese Politik doch einmal so, als wäre sie nicht
wichtig.
Ein der besten und lustigsten Beschreibungen, was denn nun
Politik ist, habe ich vor vielen Jahren einmal gelesen und mir Gott sei Dank
aufgehoben. Hier nun diese wunderbare Überzeichnung in Form einer kurzen
Geschichte:
Der kleine Sohn geht zum Vater und fragt ihn, ob er ihm
erklären könne, was Politik sei. Der Vater meint: "Natürlich kann ich Dir
das erklären. Nehmen wir zum Beispiel mal unsere Familie. Ich bringe das Geld
nach Hause, also nennen wir mich Kapitalismus. Deine Mutter verwaltet das Geld,
also nennen wir sie die Regierung. wir beide kümmern uns fast ausschließlich um
dein Wohl, also bist du das Volk. Unser Dienstmädchen ist die Arbeiterklasse
und dein kleiner Bruder, der noch in den Windeln liegt, ist die Zukunft. Hast
Du das verstanden?" Der Sohn ist sich nicht ganz sicher und möchte erst
mal darüber schlafen.
In der Nacht erwacht er, weil sein kleiner Bruder in die Windeln gemacht hat und nun schreit. Er steht auf und klopft am Eltern-Schlafzimmer, doch seine Mutter liegt im Tiefschlaf und lässt sich nicht wecken. Also geht er zum Dienstmädchen und findet dort seinen Vater bei ihr im Bett. Doch auch auf sein mehrmaliges Klopfen hin lassen die beiden sich nicht stören. So geht er halt wieder ins Bett und schläft weiter. Am Morgen fragt ihn der Vater, ob er nun wisse was Politik wäre und es mit seinen eigenen Worten erklären könne. Der Sohn antwortet: "Ja, jetzt weiss ich es. Der Kapitalismus vögelt die Arbeiterklasse während die Regierung schläft. Das Volk wird total ignoriert und die Zukunft ist voll Scheisse!"
In der Nacht erwacht er, weil sein kleiner Bruder in die Windeln gemacht hat und nun schreit. Er steht auf und klopft am Eltern-Schlafzimmer, doch seine Mutter liegt im Tiefschlaf und lässt sich nicht wecken. Also geht er zum Dienstmädchen und findet dort seinen Vater bei ihr im Bett. Doch auch auf sein mehrmaliges Klopfen hin lassen die beiden sich nicht stören. So geht er halt wieder ins Bett und schläft weiter. Am Morgen fragt ihn der Vater, ob er nun wisse was Politik wäre und es mit seinen eigenen Worten erklären könne. Der Sohn antwortet: "Ja, jetzt weiss ich es. Der Kapitalismus vögelt die Arbeiterklasse während die Regierung schläft. Das Volk wird total ignoriert und die Zukunft ist voll Scheisse!"
Köstlich und treffend, diese Allegorie, nicht wahr?
Da ich hier in der Meinungsbildung und der fantastischen
Sichtweise nicht hinderlich sein möchte, überlasse ich es gerne Ihnen, die
Figuren der Erzählung mit Parteifarben auszumalen.
Da sind wir dann schon beim „wer mit wem“.
Diese Konstellationsfrage ist gar nicht so leicht zu
beantworten – zu volatil sind die Dogmatiken und viel zu fragil die eigentlichen
Vorhaben der einzelnen Protagonisten (verzeihen Sie bitte den Wulst an
Fremdwörtern). Anders gesagt: wieso zerbrechen Koalitionen derart schnell, finden
sich in kürzesten Zeitabständen nach Neuwahlen wieder und wieso polemisierte
jede Opposition nur?
Unterscheiden wir zunächst einmal zwischen den zwei großen
Bereichen, die uns zugänglich sind:
Die Journaillenpolitik (das ist meine Bezeichnung für die Politik,
die wir tagtäglich medial auf den Teller serviert bekommen):
Was Gestern noch notwendig war, ist heute nicht mehr
relevant und wird morgen schon überholt sein. Die heutig medial präsente Politik
ist ein ständiger Fluss, immer in Bewegung und darauf ausgerichtet, sich und
die eigenen Vorhaben in das möglichst beste Wahllicht zu rücken. Nicht immer
ist das, was gerade rausposaunt wird, auch das, was tatsächlich verfolgt wird.
Bestimmt wird diese Art der Politik durch die einzelnen Persönlichkeiten, die
sogenannten Meinungsmacher und Obleute und Obfrauen.
Wobei man nie außer Acht lassen darf, dass diese an die
Parteigremien gebunden sind! Das, was uns vorne gesagt wird, muss hinten
getragen werden, oder anders gesagt:
Jede/r nach außen hin repräsentierende SpitzenpolitikerIn
muss sich schließlich dem demokratischen Diktat der Partei stellen. Die
Handlungsspielräume sind hier sehr begrenzt und Ausreißer werden nicht selten
mit dem Niedergang der Person betraft. Ganz klar also, dass der tatsächliche
Handlungs- und Kommunikationsraum sehr beschränkt durch Parteistrategien ist.
Dann gibt es da noch die Politik als Staatskunst:
Diese ist in mehrere Bereiche eingeteilt und agiert bis zu
einem gewissen Punkt (nämlich bis zu jenem Punkt, wo dann die Journaillenpolitik
ins Spiel kommt) fern der öffentlichen Wahrnehmung und wird in den allermeisten
Fällen von den Spitzenbeamten der jeweiligen Regierungseinrichtungen
ausgearbeitet, vorbereitet und auch umgesetzt.
Der institutionelle Rahmen, der politische Prozess und die
einzelnen Politikfelder werden von Professionisten erledigt und ausgefüllt, die
nicht viel mit der öffentlichen Wahrnehmung zu tun haben.
In dieser Staatskunst geht es vor allem darum, bestimmte Inhalte
machtpolitischer oder struktureller Natur Durchzusetzen. Zum Beispiel beim Entstehen
eines Gesetzes. Zusammen mit den inhaltlichen Aspekten (Budget, Verkehr, etc..)
und den parteipolitischen Vorgaben entsteht hier ein demokratischer Prozess,
der letztlich von der Artikulation eines Interesses zur Gesetzgebung führen
kann.
Ich darf mich jetzt Peter Filzmaiers bedienen, der einige
sehr gute Beschreibungen zur Politik in einem Essay niedergeschrieben hat:
„Politik ist die Summe der Mittel, die nötig sind, um zur
Macht zu kommen und sich an der Macht zu halten und um von der Macht den
nützlichsten Gebrauch zu machen, (…) Politik ist also der durch die Umstände
gebotene und von dem Vermögen (virtu) des Herrschers oder des Volkes sowie von
der spezifischen Art der Zeitumstände abhängige Umgang mit der Macht. Niccolò
Machiavelli (um 1515)
Der Sinn von Politik ist Freiheit. Hannah Arendt
Diejenigen, die zu klug sind, sich in der Politik zu
engagieren, werden dadurch bestraft, dass sie von Leuten regiert werden, die
dümmer sind als sie selbst. Platon
Politik ist der stets neu zu schaffende Kompromiss von Macht
und Vernunft. Carl Friedrich von Weizsäcker
Politik ist unblutiger Krieg, und Krieg ist blutige Politik.
Mao Tse-Tung
Wer Politik betreibt, erstrebt Macht. Max Weber
Wo Politik ist oder Ökonomie, da ist keine Moral. Friedrich
Schlegel „
In beiden Bereichen finden wir die Antworten auf die Fragen:
„wer mit wem „
Einerseits sind Koalitionen auf Zeit getroffene
Vereinbarungen zu einem gemeinsamen Ziel: der Machterhaltung. Dies natürlich
immer nur unter der Prämisse, den Wählerwillen zu erfüllen – so die immer wieder
gleichlautende Erklärung.
Andererseits sind diese Koalitionen auch ein zwingendes
Produkt der Demokratie: um Ziele zu erreichen müssen für bestimmte Vorhaben
Mehrheiten zwingend erforderlich. Eine Koalition wird auch deshalb – und mit
dem am Leichtesten zu handhabenden Partner (siehe Wien) – geschlossen um der
eigenen Vorstellung von Regierungsverantwortung gerecht zu werden.
Manches Mal zerbrechen dann solche fragile Konstrukte
aufgrund persönlicher Befindlichkeiten, aber auch wegen zu großer Differenzen
in der Grundauslegung der Parteilinien.
Dass solche zerbrochenen Koalitionen nach einer Neuwahl wieder
zueinanderfinden, liegt zumeist darin begründet, weil einzelne Personen
ausgetauscht worden sind und weil man den Machterhalt auch um den Preis der
Mitbestimmung betreiben muss.
Die Opposition hat hier als einzig taugliches Mittel nur die
Kritik zur Verfügung: würde sie die -
manches Mal vielleicht durchaus tauglichen – Ideen und Konzepte für
Problemlösungen oder zur Vorsorge und Staatenlenkung der regierenden Fraktion(en)
zuarbeiten ohne auf sich selbst aufmerksam zu machen, dann würde die Opposition
immer in der Rolle der „Watchmen“ bleiben und nie an die Regierungsmacht
kommen.
Und das will sie natürlich genauso, wie die Regierenden an
der Macht bleiben wollen.
Unterstellen wir hier einmal keine persönlichen Gründe zum
Machterhalt, oder zur Machterlangung, sondern einfach, dass in aller Interesse das
Wohl des Souveräns liegt, dann sind diese Bestrebungen durchaus verständlich
und sollten eigentlich – unter der Voraussetzung, dass die staatstragenden
Entscheidungen auch auf fundiertem Wissen beruhen – zur idealen Regierungsform
führen.
Sie merken schon: das kann man alles nur im Konjunktiv
schreiben, weil es eines der wünschenswerten Ideale wäre – und das auch nur vom
Standpunkt eines einzelnen Betrachters aus gesehen.
Bleibt die Fragestellung übrig: „warum und überhaupt“.
Dies führt mich zu der in der letzten Zeit immer mehr
geforderten direkten Demokratie.
Ein zweischneidiges Schwert, das zu führen sehr viel Geschick
benötigt, ansonsten irreparable Schäden unausweichlich sind.
Zuerst einmal bedeutet der Wunsch nach direkter Demokratie
die Schaffung eines ganz trivialen Problems:
Um dem Volk eine Entscheidungsbasis zu bereiten, die
notwendig wäre, um sachlich und inhaltlich eine tatsächliche Meinungsbildung hervorzubringen
und dann auch zu einer Entscheidung, ist ein irrsinniger Aufwand nötig: Die
grundlegenden Informationen müssten frei, einfach und in leicht verständlicher
Form zugebracht werden (ein einfaches „zur Verfügung stellen“ wäre hier der
falsche Weg). Der Meinungsbildungsprozess müsste dann von weiterführenden Informationen
begleitet werden, die wieder in fachlicher und sachlicher Hinsicht
partieunpolitisch aufbereitet sein müssten.
Um hier überhaupt einen Nährboden für eine ausgewogene
Meinungsbildung zu schaffen, müssten dem Volk zumindest die grundlegenden
Mechanismen beigebracht worden sein – und das, mit Verlaub ist in Österreich
wohl nicht so ganz der Fall, oder kennen Sie mehr als fünf Menschen in Ihrem Bekanntenkreis,
die sich die Verfassung schon einmal durchgelesen haben, geschweige denn, sich
damit auch auseinandergesetzt haben? Wohl eher nicht.
Ich glaube, dass hier schon einer der Gründe liegt, warum
das Vorhaben direkte Demokratie kein Vorhaben für einen Sommer ist, sondern –
wenn ernst gemeint – schon im Schulunterricht Einzug halten muss.
Die zweite Gefahr besteht darin, dass es zu einer
versteckten „imperativen Demokratie“ (das ist mein Kunstwort für eine sogenannte
„Räterepublik“) kommen könnte:
Die tatsächliche direkte Demokratie bedeutet letztendlich,
dass Mandatare (die „Räte“) direkt vom Volk gewählt werden und mit einem
eindeutigen Auftrag versehen und an diesen dann auch gebunden werden.
Das wäre dann die Konsequente Umsetzung des Wunsches nach
direkter Demokratie. Frage ist, ob wir das so wollen:
Dann würden sogenannte „imperative Mandate“ vergeben, bei denen
einzelne Volksgruppen (zum Beispiel Bezirke, Gewerkschaften, Bauernbünde,
Landkreise, Städte, etc..) direkt einen Mandatar wählen können, der dann die Interessen
dieser Volksgruppe zu vertreten hat. Die Entsendung solcher Mandatare würde
dann zwangsläufig auch in den Gesetzgeber, die Gerichte und die Regierung im Allgemeinen
geschehen und diese „Räte“ wären dann auch wieder abrufbar und natürlich direkt
beeinflussbar. Eine Gewaltenteilung gäbe es nicht mehr.
Ein Beispiel für eine Rätedemokratie ist zum Beispiel
Russland um 1920.
Wenn man sich allerdings dieser Gefahren bewusst ist und
ausschließt, dann kann es durchaus Sinn machen, ein Mehr an direkter Demokratie
zu wollen. Dabei darf der Parlamentarismus jedoch nie abgeschafft werden, denn
das „freie Mandant“ bedeutet, dass der jeweilig gewählte und entsendete
Politiker nach seinem Gewissen entscheidet und nicht einer Dogmatik folgt (das
ist der große Unterschied zum obigen Beispiel).
Es ist durchaus legitim, das bestehende Modell einer
Demokratie andauernd zu hinterfragen und nach einem Weg zu suchen, um möglichst
viele Meinungen frei zu vereinen.
Insofern ist auch eine Diskussion über das bestehende
Demokratiemodell wünschenswert, allerdings sollten die Begriffe richtig
definiert werden und klare Grenzen gezogen werden, denn eines ist klar:
Nur aufgrund der in den letzten Jahrzehnten gelebten
Demokratie haben wir das erleben dürfen, was wir heute Freiheit nennen.
Mit diesem kostbarsten aller Güter muss man vorsichtig und
bedächtig umgehen.
Der erste Weg ist sicherlich der, dass man den Souverän
gründlich und ehrlich über die bestehende Demokratie aufklärt. Also: zuerst ein Mehr an Bildung!
Dazu darf ich mich dieses Bildes bedienen:
Nun wissen Sie, wie meine „Parlamentsferien“ aussehen und
wie viel Spass ich dabei habe, die Aussagen und Anmerkungen und Vorhaben der in Urlaub befindlichen PolitikerInnen kritisch zu beäugen: einen Mordsspaß!
Ihr Felix
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen