Dienstag, 7. August 2012

INDECT - Verhalte Dich unauffällig!


Liebe Leserin, lieber Leser,
im letzten Artikel sind wir gemeinsam der Gesichtserkennungssoftware im Speziellen und allgemein INDECT ein wenig näher gekommen. Eine Leserin hat mir dazu eine Mail gesendet, in der Sie die Meinung vertritt, dass so eine Gesichtserkennung ja kein echtes Problem sei, denn es gäbe da ja auch gute Tipps im Internet, wie man sich so maskieren kann, dass diese Gesichtserkennung nicht mehr greift.
Nja, abgesehen davon, dass so eine Gesichtserkennungssoftware uns ja nicht anhand eines "Normalen" Sehens identifiziert, sondern ganz andere Merkmale verwendet, hat man sich seitens der Projektentwickler auch dazu Gedanken gemacht:

"Wie erkennt man Personen, die sich maskiert haben um nicht erkannt zu werden?" - diese Frage war wohl auch eine der Kernfragen bei der Entwicklung des Projekts INDECT.

Im Rahmen des EU-Projekts INDECT wurde daher anhand eines Fragekatalogs, der gemeinsam mit der EUROPOL ausgearbeitet wurde, eine Art von Standard für „normale“ und „abnormale“ Bewegungen definiert.

Zum besseren Verständnis:

200 Polizisten der EUROPOL haben ein sehr diskriminierendes Modell für "abnormales" Verhalten erstellt, das unter anderem folgende Verhalten aufführt:

Plötzliches Weg- oder hinströmen (Flashmob, Gefahr)
Bewegung in die “falsche” Richtung
“Herumlungern”
Treffen von mehr als X Personen
Autodiebstahl
Plötzliches Laufen
fallende Personen
Herumsitzen, länger als die Dauer X
Schreien
fluchende Personen

Bereits einfache und frei erhältliche Bewegungserkennungssoftware für Webcams sind heute in der Lage zum Beispiel im Bereich der Alarmüberwachung fest definierte Bewegungsprofile als Gefahr zu erkennen und zum Beispiel eine Aufzeichnung zu starten.

INDECT geht hier einen großen Schritt weiter:



Die Bewegungserkennung ist weitaus komplexer, als man zuerst vermuten möchte. Um Personen auch anhand derer Bewegung identifizieren zu können ist individuelles Datenmaterial erforderlich.
Anders gesagt:
Jeder Person hat aufgrund ihrer biometrischen Daten hinsichtlich Größe, Gewicht und Geschlecht bereits eine rudimentär zuordenbare „Klasse“: junge Frau, alter Mann, etc...
Der nächste Schritt ist das feststellen der Maße einzelner Körperteil, wie zum Beispiel die Armlänge, Fußlänge, Größe und Umfang des Brustkorbs, Länge des Halses, etc...
Zusätzlich dazu wird nun das Verhältnis einzelner Körperteile zueinander festgestellt: in welchem Verhältnis stehen der Unterarm  zu .....

Daraus ergibt sich tatsächlich bereits ein sehr individuelles Bild der einzelnen Person.
Noch nicht zweifelsfrei identifizierbar, aber doch schon sehr präzisiert.



Für Bedrohungsszenarien, wie sie zum Beispiel bei einem Fußballspiel befürchtet werden, reicht dies bereits aus, um eigene Kameras (Stereoskope Kameras die im Stande sind, wie das menschliche Auge zu fokussieren) zur Erkennung von möglichen Gefahrenherden einzusetzen. Das Bild unten zeigt eine Aufnahme in einem Stadion, wo anhand verdächtiger Bewegungsprofile einzelne Personen und auch Gruppen identifiziert werden, die möglicherweise zum Beispiel eine Schlägerei beginnen könten.



Die weitere Präzisierung der einzelnen Person wird nun durch eine Kombination aus mehreren Faktoren erreicht:

Wie geht, steht, sitzt, läuft diese Person und natürlich auch: je mehr Bildmaterial zur Auswertung zur Verfügung steht, desto genauer und eindeutiger werden diese Ergebnisse auch bei unterschiedlicher Bekleidung zuordenbar sein.

Das ist auch eine zentrale Bedingung für das Funktionieren dieser Art von Identifizierung: das Datenmaterial, das notwendig ist um eine eindeutige und zweifelsfreie Zuordnung einer Identität alleine nur durch die Analyse der individuellen Bewegung zu ermöglichen, muss möglichst umfangreich sein. Für eine „Alltagsüberwachung“ ist diese Art der Identifizierung im Moment daher auch noch nicht geeignet. Allerdings wird sie bereits in Einzelfällen (sogenannte „Zielidentifizierung“ bei speziell zu überwachenden Personen eingesetzt – vor allem in der Terrorismusbekämpfung.



Man muss hier aber auch ganz klar festhalten, dass es nicht das Ziel von INDECT ist, die Forschung der Bewegungserkennung alleine zu fördern.
Man darf hier nicht vergessen, dass INDECT ein Zusammenspiel einzelner Identifizierungsmethoden ist:
Zum Beispiel ist es in Zusammenspiel mit der im vorigen Artikel beschriebenen Methode zur Gesichtserkennung bereits jetzt möglich, einzelne Personen auch dann weiter zu verfolgen, wenn das Gesicht nicht mehr erkennbar ist, weil dann die Erkennung der nunmehr zugeordneten Bewegung, Kleidung, Größe, Gewicht und Geschlecht – zugeordnet zu der durch die Gesichtserkennung bereits markierten Person - möglich ist.

Nur mit diesen Methoden alleine ist es in London bereits heute schon möglich, eine Person zu erkennen und durch die ganze Stadt zu verfolgen: in London kommt auf 14 Einwohner eine Überwachungskamera...

Die unmittelbare Erkenntnis für das Zusammenleben daraus ist, dass der psychologische Druck zur Verhaltensanpassung gefördert wird.

Lesen Sie am Mittwoch, wie nun nach der Erkennung einer Person, diese identifiziert werden kann.

Guter Tipp zuletzt:
Auf dem Fußboden sitzen, lange auf jemanden warten, plötzliches Losrennen, sich mit mehreren Freunden an einem Punkt treffen und dann gemeinsam in eine Richtung gehen, ein Spielfeld betreten, oder gar ein Gepäckstück vergessen – das alles sollte man bei Einführung von  INDECT  tunlichst unterlassen, oder sich auf echten Stress einstellen.

Sehen wir uns das nächste Mal - am Mittwoch - die sozialen Netzwerke an und welchen Beitrag diese bereits jetzt zur Überwachung liefern und wie das in INDECT eingeplant ist.

Ihr Felix

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