Montag, 2. Juli 2012

Echte Zahlen - echte Fakten - echte Unwahrheiten

Die letzten Tage waren sehr turbulent und manche sagen: schicksalhaft.

Wahrscheinlich haben sie recht, denn vieles von dem, was von den PolitikerInnen zum Thema ESM gesagt und behauptet wurde, ist frei von Interpretation widerlegbar.

Viele wortgewaltige und im Kern doch merkbar abgesprochene Worthülsen wurden von unseren Politikern getätigt, die dazu gereichen, den Tag zu verderben und die Nacht schlaflos zu bescheren.

Sehen wir uns das einmal an.....


Folgende Aussagen sind bemerkenswert:

Man sichere durch den ESM und de Rettung des Euro "bis zu eine Million Arbeitsplätze in Österreich, die vom Euro abhängig sind", so der SPÖ- Politiker Peter Wittmann. "Damit zeigen die drei Parlamentsfraktionen (SPÖ, ÖVP und Grüne, Anm.) ihre hohe staatspolitische Verantwortung und verhindern mit diesem Beschluss einen möglichen finanzpolitischen Flächenbrand in Europa", so Wittman weiter.
weiter im Text:
Die von den Grünen mitverhandelten Mitspracherechte des österreichischen Parlaments seien "europaweit einzigartig", darüber hinaus habe es Zusagen der Regierung gegeben, sich für eine wirtschaftspolitische Neuorientierung der EU sowie eine Abhaltung eines Konvents einzusetzen, so Glawischnig von den Grünen, nachdem sie bekannt gegeben hat: "Ich werde dem Klub die Zustimmung zu den Verträgen empfehlen".

Na, da bin ich jetzt aber doch sehr perplex. Vorallem, weil ich mir die Daten der Statistik Austria angesehen habe, um herauszufinden, was sich in den Jahren der EU und des Euro tatsächlich so nachhaltig gut für uns verändert hat. Empirische Zahlen lügen ja bekanntlich nicht (wenn sie nicht von vornherein manipuliert sind, aber das schließe ich jetzt bei der Statistik Austria einmal aus).

Famyann sagt: Weniger Arbeitslose durch die EU und durch kluge Beschäftigungspolitik.

Wahr ist:

Im Jahr 2011 waren laut AMS rund 247.000 Personen von Arbeitslosigkeit betroffen, 139.000 Männer und 108.000 Frauen. Die Arbeitslosenquote betrug 6,7%, bei den Frauen 6,3%, bei den Männern 7,1%. Die Arbeitslosenquote der Ausländer und Ausländerinnen lag mit 9,4% deutlich über dem Durchschnitt.

Ein Blick auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit seit 1995 zeigt eine Teilung in mehrere Abschnitte. Einem recht kräftigen Anstieg von 1995 auf 1996 von 216.000 Arbeitslosen auf 231.000, folgten noch zwei Jahre mit einem geringen Zuwachs. Von 1999 bis 2001 erholte sich der Arbeitsmarkt. Im Jahr 2000 wurde mit 194.000 die geringste Arbeitslosenzahl seit 1995 ausgewiesen. Von 2001 auf 2002 gab es einen Sprung hinauf um rund 30.000, sodass im Jahresdurchschnitt 2002 232.000 Arbeitslose gezählt wurden. Der Anstieg der Arbeitslosen setzte sich bis 2005 flacher fort und ergab im Jahr 2005 253.000. 2006 bis 2008 gab es einen deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit. Geprägt von der schlechteren Wirtschaftslage stieg die Zahl der Arbeitslosen im Jahr 2009 stark an und erreichte hier einen Höchstwert von 260.000 Arbeitslosen. Im Jahr 2011 ging die Zahl auf 247.000 zurück. Die gesamte Zeitspanne betrachtet, zeigte sich bei Frauen und Männern ein ähnlicher Verlauf.

Die Arbeitslosenquote entwickelte sich analog zu den Arbeitslosenzahlen. Die niedrigste Quote lag bei 5,8% und wurde, wie auch der Tiefstwert bei der Arbeitslosenzahl, im Jahr 2000 erreicht, die höchste, im Jahr 2005, betrug 7,3%.

http://www.statistik.at/web_de/statistiken/arbeitsmarkt/arbeitslose_arbeitssuchende/arbeitslose_nationale_definition/index.html

Die Statistik Austria hat in ihrem Bericht "Nettojahreseinkommen der unselbstständig Erwerbstätigen von 1997 bis 2010" das sogenannte "arithmetische Mittel" bekanntgegeben, also das, was durchschnittlich im Jahr netto statistisch verdient wurde. Demnach hat es von 1997 bis 2000 einen kontinuierlichen Anstieg im geringen einstelligen Prozentbereich gegeben und dann mit der Einführung des Euro 2001 einen Rückfall um einige hundert Euro. Erst zwei Jahre danach war man wieder auf Schiene. Die Steigerungen danach fielen teilweise auf ein halbes Prozent herab. Insgesamt ergibt sich, dass es Erhöhung des Jahresnettoeinkommens um ca 27 Prozent von 1997 bis 2010 gegeben hat.
Quelle: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/soziales/personen-einkommen/jaehrliche_personen_einkommen/index.html



Zum Vergleich dazu:
der Warenkorb.
Der Vebraucherpreisndex stieg dazu im selben Zeitraum um 27,4 Prozent. Anders gesagt: das Leben ist in diesem Zeitraum um mehr als ein Viertel teurer geworden und hat die Lohnsteigerungen egalisiert (klug gemacht Herr / Frau Finanzminister: die linke Hand gibt, während die rechte gleich wieder nimmt!).
Quelle: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/preise/verbraucherpreisindex_vpi_hvpi/zeitreihen_und_verkettungen/index.html

Die Inflation.
Durchschnittlich lag die Inflationsrate über die Jahre 1997 bis 2010 bei 1,82 Prozent gesamt pro Jahr (die durchschnittliche jährliche Inflationsrate über den gesamten Zeitraum). Also kann die Inflation nicht dafür ausschlaggebend gewesen sein, dass unser Börserl immer dünner wird.
Quelle: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/preise/verbraucherpreisindex_vpi_hvpi/zeitreihen_und_verkettungen/index.html

Fakt ist daher:

Es wird uns doch dauernd suggeriert, dass uns der Euro ein Mehr an Arbeitsplätzen beschert hat, oder, dass uns der Euro ein Mehr an Verdienst gebracht hat. Die Wahrheit sieht ein wenig anders aus:
Gegenüber dem Schilling hat sich nicht viel zum Positiven verändert: Die Inflation ist relativ stabil geblieben, die Erhöhung des Jahresnettoeinkommen ebenso dürftig wie zuvor.

Und das wichtigste: der Zugang zum Kapitalmarkt ist sowohl für den Privaten, als auch dem Kleinunternehmer ungemein schwerer geworden. Die Baselkritieren zur Erlangung eines Kredites (auch und im speziellen Kleinkredite) sind derart verschärft, das Anschaffungen und Investitionen nur mehr zu einem geringen Prozentsatz gegenüber vor den Euro möglich geworden sind. Dies trifft allerdings nicht auf die Tageskreditlinien von Banken zu - da hat es keine wesentlichen Verschärfungen gegeben.

Sehen wir uns nun die Pro-Kopf Verschuldung im selben Zeitraum an, dann wird das Bild noch klarer: (Quelle Zahl der Erwerbstätigen: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/arbeitsmarkt/erwerbstaetige/index.html)

Österreich hatte im Jahre 1997 eine Staatsverschuldung von: 118,18 Milliarden Euro - das waren 64,1 % des Bruttoinlandsproduktes - pro Kopf waren das Euro 32.634,68
Im Jahre 2010 waren es: 205,74 Milliarden Euro oder 71,9 % des Bruttoinlandsproduktes - pro Kopf waren das Euro 50.224,58
Im Jahre 2012 (erstes Quartal) sind wir nun schon bei: 222,6 Milliarden Euro oder 73,5 % des Bruttoinlandsproduktes - pro Kopf sind das Euro 54.039,62

Quelle: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/oeffentliche_finanzen_und_steuern/maastricht-indikatoren/oeffentlicher_schuldenstand/index.html



Das bedeutet, dass im selben Zeitraum, wo das Jahresnettoeinkommen um 4.333 Euro gestiegen ist, der Pro-Kopf Schuldenstand um 21.404,94 Euro gestiegen ist.

Dann zeigen uns die Zahlen der Statistik Austria auch noch, dass es von 1997 bis 2001 eine durchschnittliche Mehrverschuldung von jährlich 4,9 Milliarden Euro gegeben hat. Zwischen 2ß002 und 2010 sind wir dann schon bei 6,6 Milliarden Euro.
Und zwischen 2010 und dem ersten Quartal 2012 sind es dann plötzlich 16,8 Milliarden Euro.

Zusammengefasst sind die Aussagen und Argumente der Regierung, nämlich, dass der Euro für ein Mehr an Arbeitsplätzen verantwortlich ist und ein Verlust des Euro gleichbedeutend mit dem Verlust von 1 Million Arbeitsplätzen sei, nicht argumentierbar und in keiner Weise nachvollziehbar. Ebenso verhält es sich mit dem angeblichen Ruhm des Euro, der uns alle etwas reicher gemacht hat: im Gegenteil ist die Pro-Kopf Verschuldung um 65,6 % gestiegen und das Einkommen - wie auch schon zu Schillingzeiten - nur moderat gleichbleibend mit durchschnittlich 1,92 % pro Jahr angestiegen ist - und dies nahezu aufgefressen von der Inflation, die im Durchschnitt mit rund 1,8 % pro Jahr zugeschlagen hat. Hinzu kommen empfindliche Steuererhöhungen und eine höhere Abgabenleistung aller ÖsterreicherInnen, die im selben Zeitraum kontinuierlich um durchschnittlich 3,2 % zugenommen hat. Damit hat in Wahrheit seit der Gründung der EU (und den damit entstandenen Moloch) und der Einführung des Euro jede/r ÖsterreicherIn empfindlich weniger Geld im Börserl.

Dagegen ist die Arbeitslosigkeit gestiegen - trotz (oder gerade wegen) des Euro und der EU. Parallel dazu ist der pompöse österreichische Verwaltungsapparat, der nun durch neue Parteienförderungen (also durch unser zusätzliches Steuergeld) noch größer werden darf, nicht umfassend reformiert worden. Dafür gibt es ungleich schwerere Hürden für Private und Jungunternehmer zu Kapital zu kommen.

Das Währungsexperiment Euro in seiner derzeitigen Form ist tatsächlich vollends gescheitert. Innerhalb von zehn Jahren gemeinsamer Währungspolitik ist es nicht gelungen, Gemeinsamkeiten herzustellen und umzusetzen. Die unglaubliche Verweigerung von Tatsachen und das ewige Schönreden mit darauffolgender Flucht aus der Verantwortung (sehen Sie sich die ausgeschiedenen Führungskräfte der Regierung an, wo diese nun sitzen und arbeiten, bzw. pensionieren) haben uns ÖsterreicherInnen in die Situation gebracht, dass wir uns nun - ob wir wollen oder nicht - mit den Schulden Zyperns, den Schulden der spanischen Banken und den Befindlichkeiten der französischen und italienischen Regierung auseinandersetzen müssen. Ganz zu schweigen von Griechenland, die nu nwieder eintausend Millionen Euro bekommen haben - von uns.
Dazu kommt, dass Frankreich eben gerade ein "Finanzloch" in Höhe von 40.000 Millionen Euro "entdeckt" hat - was für ein Zufall.

Das Tragische daran ist, dass es dieselben Verantwortlichen sind (nicht unmittelbar in Persona, aber in Partei), die für diese echte Misswirtschaft verantwortlich zeichnen und nun nach eigenem Willen auch diejenigen sein sollen, die die Schäden wieder korrigieren sollen. Mit sehr wenig neuen Ideen und unter Ausschluss der Zahler - der Bürger. Wer soll das noch glauben? Die Verantwortlichen verlieren zusehends sogar die Scheu davor, uns mitten ins Gesicht zu sagen: "Europa braucht die Zustimmung zum ESM von allen europäischen Ländern zum Schutz gegen Spekulanten und gegen die Finanzmärkte, die ohnedies schon ein zu hohes Gewicht haben" (Faymann in der Kronen Zeitung vom 02.07.2012).

Ja, wer trägt den die Schuld daran, dass eben diese Finanzmärkte und Spekulanten einen dermaßen großen Einfluss haben? Unsere Regierung natürlich! Dieselben Personen (und dieses Mal nicht nur mehr Parteien), die dafür gesorgt haben, dass Banken, die sich nicht mehr selbst finanzieren konnten, mit unserem Steuergeld getragen wurden! Sehen Sie sich die Pro-Kopf Verschuldung an: ein großer Teil davon ist in die Banken geflossen - und nur ein geringer Teil davon zurückgekommen.

Faymann sagt auch: "Eines sage ich klar. Wenn es den Euro nicht mehr gäbe, hätten wir auf Jahre eine dauerhafte Krise in Europa". Sagt wer? Der Bundeskanzler, der nicht einmal eine Bilanz lesen und interpretieren kann? Der selbe Mann, der nicht einmal im Stande ist, Geld für Wachstum, Forschung, Entwicklung und Bildung im eigenen Land aufzustellen, will uns weismachen, dass er versteht, wie eine supranationale Währungspolitik funktioniert und wie sie finanziert werden kann?

Er sagt weiters (alles im selben Interview in der Kronen Zeitung vom 23.06.2012):
"Krone": Aber Griechenland ist trotzdem pleite, oder?
Faymann: Man kann sagen, sie sind aus eigener Kraft nicht in der Lage, ihre Schulden zu bezahlen.
Er sagt weiter:
Man kann nicht glauben, dass man mit Resolutionen in einem Gremium in Brüssel beschließen kann, wie die Wirtschaft in Griechenland funktioniert.
Und zuletzt:
Die Troika wird im Juli gemeinsame Experten vom Internationalen Währungsfonds und Europäischer Union nach Griechenland schicken. Sie werden sich ansehen, wie weit Griechenland tatsächlich von den Zielen abweicht, die man gesetzt hat, wie weit auch das schwache europäische Wachstum dazu führt, dass man den Zeitplan strecken muss. Man wird nicht Geschenke verteilen, aber Griechenland Luft zum Atmen einräumen.

Moment einmal: einerseits sind die Griechen aus eigener Kraft nicht mehr in der Lage ihre Schulden zu bezahlen, gleichzeitig haben die Griechen weder das vereinbarte Sparpaket umgesetzt, noch weitere verpflichtende Maßnahmen gesetzt, um weitere Hilfsgelder zu erhalten, gleichzeitig erheben die Griechen den Anspruch auf Neuverhandlungen und erhalten trotzdem eintausend Millionen Euro? Und das sind keine Geschenke, wenn ich schon weiß, dass Griechenland nicht in der Lage ist die Schulden zu bezahlen und trotzdem noch einmal mehr als das Halbe Gesundheitsbudget Österreichs (Quelle: http://www.bmf.gv.at/budget/budgets/2012/bfg/budget_onesheet_2012_de.pdf) überweise, was ist das denn das sonst, wenn nicht ein Geschenk?
Mann kann also nicht mit einer Resolution in Brüssel bestimmen, wie die Wirtschaft in Griechenland funktioniert, aber mann kann es dann für die gesamte EU? Was ist denn das für eine Logik?
Und er sagt, dass Europa ein schwaches Wirtschaftswachstum hat. Aber Österreich hat das ja gar nicht! Österreich hat ein gesundes Wachstum für sich alleine. Nur im Eintopf der EU wird das Bild von Österreich - gerade so, wie es in den Kram passt - nach unten nivelliert.

Es ist wirklich unfassbar, für wie dumm die Österreicherinnen und Österreicher gehalten werden. Und zwar genau von den Menschen, die von dem Geld derjenigen leben und finanziert werden, die sie für dumm verkaufen. Regierende die aus Eitelkeit und der Unfähigkeit heraus Fehler nachhaltig einzugestehen, weitere Fehler machen und darauf bauen, dass niemand hinterfrägt und handelt.
Und damit haben die Regierenden nicht einmal so unrecht:
Jeder Unternehmer würde bei einer derartigen Misswirtschaft und Erkenntnisresistenz unter Anklage gestellt und wahrscheinlich auch verurteilt werden. Das Volk schreit Feuer und Flamme, wenn ein Kleinbetrüger eine Immobilie verkauft die er nicht hat und Anzahlungen dafür kassiert - aber es tut nichts, wenn dieselbe Aktion von der Regierung gemacht wird: Anzahlungen von uns in Milliardenhöhe kassieren und im Gegenzug dafür sich selbst finanzieren und ganz schwache, kaum verwertbare Gegenleistungen - auch noch gegen den Willen vieler - anzupreisen.

Die Bequemlichkeit der Melange-Trinker wird hier zum echten Steigbügel für die notorischen Realitätsverweigerer auf der Regierungsbank.

In diesem Sinne: steht endlich auf und verlangt von Euren Volksvertretern, dass sie Rede und Antwort stehen! Lasst Sie wissen, dass wir nicht das Schlachtvieh sind, dass willenlos abgeführt und vorgeführt werden kann und darf.

Ihr Felix

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