Donnerstag, 26. Juli 2012

Was für ein "Skandal": illegale Parteifinanzierung! Und was ist mit Griechenland?


Kaum bewege ich mein vom Redaktionssessel gepflegtes Hinterteil für ein paar Tage in den Urlaub, um Energien zu tanken und Gedanken zu sammeln, twittert (was für eine enervierende Angewohnheit das geworden ist ...) mir mein Smartphone: Geständnis von Martinz – Martinz tritt zurück – Korruptionsskandal in Kärnten – illegale Parteifinanzierung.

Nun, das hab ich halt einmal zur Kenntnis genommen – kein Grund zur Aufregung. Erstens war es ohnehin zu erwarten, dass in der Verhandlung so einiges noch ans Tageslicht kommen wird (Birnbacher hat ja schon anklingen lassen, dass da noch was kommt) und zweitens gibt es genügend andere Kollegen, die sich nun dem Tagesgeschäft zuwenden werden. Also: kein Grund zur Aufregung – kein Grund, um mich zurück in die Stadt zu begeben. Morgen ist auch noch ein Tag.

Wenn da nicht die Folge-Tweets wären (Habe ich schon gesagt, dass es eine enervierende Angewohnheit geworden ist? Ja? Gut.), die in mir den Verdacht aufkeimen lassen, dass zu Hause die kollektive Dummheit ausgebrochen ist und ich unbedingt etwas dagegen unternehmen muss, damit mich dieser Virus nicht auch noch erlegt.

Im Speziellen geht es mir dabei um die scharf geladenen Kommentar-Kalaschnikows, die anscheinend nur darauf gewartet haben, dass Martinz – wie man so schön sagt – „niederlegt“, um im selben Moment ganze Magazine von intellektuellen Halbergüssen und juristischen Statements abzufeuern – ohne jedoch weder tatsächlich intellektuell zu sein, noch eine fundierte juristische Ausbildung zu haben.

Was da alles zu lesen war und welche Entrüstung so ganz plötzlich herrschte! So, als wäre es eine Überraschung, dass es Parteifinanzierung überhaupt gibt.

Was ist denn das für eine scheinheilige Schreierei?
Seit Jahrzehnten wird dieses Land ausnahmslos und von Personen jeder Partei (die Grünen nehme ich hier einmal als Bewegung wahr und damit nicht als Partei), die jemals in der Regierung war durch Korruption, illegale Parteifinanzierung, Vertuschung und Schmiergeldskandalen heimgesucht.
Ausnahmslos und von jeder Partei gibt und gab es einzelne, die sich jenseits der Legalität und der Moral bewegen.

Und jetzt wird es ein Skandal?

Interessanterweise habe ich dazu auch vor wenigen Tagen schon einen Artikel geschrieben: Korruption in der Politik – eine Dilemmasituation

Aber was wundert es mich: es ist ja jedesmal der Weltuntergang, wenn ein halbwichtiger Politiker sich die Taschen füllt, oder sonstwie in dubiosen Finanzgeschäften wiederfindet.

Was dabei überhaupt nicht erwähnt wird, ist, dass nach allen Widrigkeiten und Fehlern der Justiz, das System – unser Rechtssystem – FUNKTIONIERT!

Das wäre eine Meldung wert – und nicht, dass ein Herr Martinz vor einer Woche, einem Monat und einem Jahr ganz etwas anderes gesagt hat.
Hallo? Was soll er denn sonst machen? Soll er Euch zuliebe vor einem Jahr, einem Monat oder einer Woche ein wenig weniger lügen / gelogen haben?

Liebe Freunde der schrei(b)enden Zunft: nehmt Eure Munition ein wenig zurück und schaltet mal einen Gang runter und bleibt bei den Tatsachen:
In diesem Land gibt es nicht nur die letzten paar Jahre Koruption – maximal in einer sehr beschränkten Wahrnehmung – und nicht nur zwei Parteien.

Egal ob rot, schwarz, blau oder orange – alle haben den Einen oder Anderen Schmutzfleck und –fink in den eigenen Reihen!

Jetzt tut jeder so, als wäre das der Megaskandal, dass ein Parteigänger der ÖVP angegebene 100.000 Euro für die Partei illegal beschafft hat.

Zur gleichen Zeit geht es auf einem anderen Schlachtfeld um mindestens 7000 Millionen Euro – die versemmelt wurden und bei ein wenig "Pech" von uns allen bezahlt werden müssen!

Also: die Kirche im Dorf lassen, und sich auf die wichtigen Dinge des Lebens konzentrieren und das Richten und Verurteilen den Experten – nämlich den RichterInnen dieses Landes überlassen!

Und die wichtigen Dinge sind bestimmt nicht, ob ein bereits als Landesrat zurückgetretener Ex-ÖVP Mann 100.000 Euro (falls es jemand nicht auffällt: das ist 70000 mal weniger, als uns aktuell an Schaden in der Griechenlandkrise droht – und das hat NICHT Kärnten, oder Martinz zu verantworten!) von einem Herrn Birnbacher kassiert hat – ja nicht einmal, ob der EX-ÖVPler Martinz dazu einen „Masterplan“ mit dem nicht mehr lebenden Haider ausgeheckt hat.

Übrigens interessiert es genauso wenig, ob Pilz seinen Dr. zu Recht, oder zu Unrecht hat: seine Arbeit wird dadurch nicht schlechter oder besser werden.

Und noch ein kleiner aber feiner Exkurs in Sachen korrekte Berichterstattung:

Die FPK und die FPÖ sind getrennte Parteien. Die FPK ist aus dem BZÖ herausgewachsen.
Die Grünen und die SPÖ sind getrennte Parteien. Die Grünen wachsen gerade in die SPÖ hinein.

Die ÖVP existiert für sich – vorerst.

Was lernen wir daraus: alles eigenständige Parteien - punkt

Damit ist eines ganz klar: kein Obmann, keine Obfrau einer eigenständigen Partei kann und darf personelle Änderungen in einer andren Partei erzwingen - ebenfalls: Punkt.

Die ewigen Schalmeienrufe: Obmann sowieso und Obfrau sowieso müssen nun etwas tun, damit der Obmann, die Obfrau, oder Funktionär, die Funktionärin der anderen Partei zurücktritt sind schlicht ein Schwachsinn und nur ein Mittel, um noch mehr Verwirrung reinzubringen.

Einmal ganz abgesehen, vom politischen Taggeschäft der Presse(s)pre(s)cherInnen (die "s" sind nach belieben zu verwenden) und StellvertreterInnen aller anderen Führungskräfte, deren Aufgabe es ganz klar ist, den Mund soweit als möglich aufzureissen und ganz laut: „Ha! Wir haben es ja schon immer gesagt!“ und in Folge dann:“ Wir haben damit nichts zu tun, das müssen andere entscheiden.“ zu rufen.
Das ist eben deren Aufgabe, aber es ist bestimmt nicht die Aufgabe der vierten Gewalt im Staat diesen Unkenrufen zu folgen und denselben Schwachsinn zu verzapfen. Das können wir doch besser, nicht wahr?

An dieser Stelle mein Kompliment an Armin Wolf, der seinen Beruf kritisch und gewissenhaft ausübt! Fällt für mich in eine Reihe mit Hugo Portisch und dem leider zu früh verstorbenen Robert Hochner.

So und jetzt schalte ich mein „Twitterphone“ aus und fahre für den kläglichen Rest meines Urlaubs zurück in die Wildnis.

Wie versprochen gibt es danach eine Story zu INDECT.

Ihr Felix

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